Oberlandesgericht Köln Urteil29.05.2018
Ehefrau von Helmut Kohl erhält keine GeldentschädigungAnspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist nicht vererblich
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass die Ehefrau und Erbin von Dr. Helmut Kohl keine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen in dem Rechtstreit um das Buch "Vermächtnis: Die Kohl - Protokolle" erhält.
Zur Begründung nahm das Oberlandesgericht Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil v. 23.05.2017 - VI ZR 261/16 -), nach der ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht vererblich sei, auch wenn der Geschädigte erst während des Rechtsstreits versterbe. Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung sei, dass beim Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungsgedanke gegenüber dem Präventionsgedanken im Vordergrund stehe. Mit dem Tod des Verletzten verliere die bezweckte Genugtuung an Bedeutung. Vererblich sei die Rechtsposition erst mit rechtskräftiger Zuerkennung der Geldentschädigung.
Persönlichkeitsrechtsverletzung hätte grundsätzlich Anspruch auf Geldentschädigung begründet
Das Oberlandesgericht Köln hatte als Vorfrage untersucht, ob die Verletzungshandlungen ihrer Schwere nach geeignet gewesen wären, für eine lebende Person einen Geldentschädigungsanspruch zu begründen. Das Gericht führte aus, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Grundsatz geeignet gewesen seien, einen Anspruch auf eine Geldentschädigung zu begründen. Die Fülle der Fehlzitate und Kontextverfälschungen habe jedenfalls wegen der schieren Masse der Verfälschungen und der groben Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten in diesem Punkt ausgerechnet bei einem mit der besonderen Authentizität werbenden Buch eine geldentschädigungswürdige Schwere und Tiefe der Verletzung erreicht. Es könne aber dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung vorgelegen hätten und welche Höhe einer Geldentschädigung zu Lebzeiten angemessen gewesen wäre. Durch den Tod des Altbundeskanzlers nach Erlass des nicht rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils sei der nicht vererbliche Anspruch erloschen.
Ausnahmefall für Vererblichkeit des Geldentschädigungsanspruchs liegt nicht vor
Das Gericht prüfte außerdem, ob der vorliegende Fall eine Ausnahme von den durch den Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen der Nichtvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs rechtfertige. Dies hat es im Ergebnis verneint. Mögliche Ausnahmefallgruppen seien nicht einschlägig wie etwa eine bewusste Prozessverzögerung mit dem Ziel einer Verschleppung einer rechtskräftigen Entscheidung oder eine Berichterstattung zu einem Zeitpunkt, bei dem ein baldiges Ableben des Betroffenen zu erwarten sei ("Kalkül mit dem Tod"). Auch sonst sei aus verfassungsrechtlichen Überlegungen eine Vererblichkeit der Geldentschädigung vor rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits nicht geboten. Der Kern der Menschenwürde des Verstorbenen sei durch die Publikation nicht so schwer verletzt und sein Lebensbild nicht so grob verfälscht, dass ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs anzunehmen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.05.2018
Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online