21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Fitnessstudio, in der eine Frau trainiert und ihr Trainer Hilfestellung leistet.

Dokument-Nr. 14299

Drucken
Urteil27.09.2012Oberlandesgericht Karlsruhe9 U 162/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2012, 1338Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1338
  • NJW-RR 2013, 596Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 596
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil27.09.2012

Amateur­fuß­baller muss bei vorsätzlichem Foulspiel selbst für Schaden­s­er­satz­ansprüche des Gegners aufkommenPriva­t­haft­pflicht­ver­si­cherer des Amateur­fuß­ballers darf Kostendeckung verweigern

Priva­t­haft­pflicht­ver­si­cherer eines Fußballspielers muss bei grobem Foul mit Verlet­zungs­vorsatz nicht zahlen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein Amateur­fuß­ba­ll­spieler, verlangt von seinem Priva­t­haft­pflicht­ver­si­cherer Freistellung von Schmerzensgeld- und Schaden­s­er­satz­ansprüchen eines bei einem Foul verletzten Gegenspielers. Beim Landesligaspiel verletzte der Kläger den Gegenspieler schwer am rechten Bein. Dieser erlitt einen Wadenbeinbruch, ein ausgekugeltes Sprunggelenk und mehrere Bänderrisse. Nach den Feststellungen des Landgerichts, das den Schiedsrichter und mehrere Spieler als Zeugen vernommen und den Kläger angehört hatte, war der Kläger aus etwa 20 bis 30 Meter Entfernung mit langem Anlauf und hohem Tempo auf den Gegenspieler zugelaufen und mit zumindest einem gestreckten Bein voraus seitlich von hinten in ihn hinein­ge­sprungen. Der Ball wurde bereits kurz vor dem Aufprall vom Gegenspieler weitergespielt. Der Schiedsrichter erkannte auf grobes Foul im Sinne der Regel Nummer 12 (Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen) und zeigte ihm die rote Karte. Kurz vor dem Angriff hatte der Kläger dem Gegenspieler gedroht, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen.

Grobes beabsichtigtes Foulspiel berechtigt Kläger nicht zum Kosten­de­ckungs­an­spruch

Der Kläger habe keinen Deckungsanspruch, weil er die Verletzung des Gegenspielers vorsätzlich und widerrechtlich herbeigeführt habe und deshalb der gesetzliche Risiko­aus­schluss nach § 103 VVG eingreife. Der Kläger habe ein grobes Foulspiel im Sinne der Spielregeln des DFB begangen, sodass sein Verhalten nicht mehr im Grenzbereich zwischen der im Fußball noch gerecht­fer­tigten Härte und der auch bei sportlichen Kampfspielen unzulässigen Unfairness liege. Sein sorgfalts­widriges Verhalten und die Verletzungen seien deshalb weder durch Einwilligung des Gegenspielers noch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr gerechtfertigt.

Mögliche Folgen des Fouls waren für den Kläger vorhersehbar

Den Vorsatz des Klägers habe das Landgericht zutreffend aufgrund mehrerer Indizien und für den Senat bindend festgestellt. Der Kläger habe die Verletzung des Gegenspielers und deren Umfang zumindest als möglich vorausgesehen und billigend in Kauf genommen. Bei einem derart gefährlichen Einsteigen rechne der eingreifende Spieler stets mit einer ernsthaften Verletzung des Gegners und dürfe nicht darauf vertrauen, dass alles gut gehen werde. Für sich allein rechtfertige der gravierende Regelverstoß jedoch nur den Vorwurf der einfachen oder groben Fahrlässigkeit und auch die evidente Gefahr erheblicher Verletzungen lasse noch nicht auf den erforderlichen Verlet­zungs­vorsatz, allenfalls auf einen rechtlich unerheblichen Gefähr­dungs­vorsatz schließen.

"Grätschen" sind beim Fußball erlaubt, solange diese dem Ball und nicht dem Gegenspieler gelten

Es gehe hier nicht um einen gezielten Schlag oder eine ähnliche Tätlichkeit, die sich schon nach ihrem äußeren Bild auf eine Körper­ver­letzung richte, sondern um eine „Grätsche“, die im Fußball üblich und durchaus erlaubt sei, solange sie dem Ball und nicht dem Gegner gelte. Auch sei bei der Prüfung des Vorsatzes zu berücksichtigen, dass Fußball ein ebenso schnelles wie kampfbetontes Spiel sei, dessen Hektik und Eigenart den Spieler oft zwinge, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen und Risiken einzugehen. Der äußere Hergang des Foulspiels habe hier jedoch eine erhebliche, wenn auch nicht ausreichende Indizwirkung für einen zumindest bedingten Verlet­zungs­vorsatz. Entscheidend für die Annahme des Verlet­zungs­vor­satzes sei vielmehr die weitere Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger vor dem Foulspiel gedroht habe, dem G bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen. Diese Drohung lasse in der Zusammenschau mit den besonderen Umständen im äußeren Hergang des Foulspiels auf einen entsprechenden Vorsatz schließen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil14299

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI