21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil10.09.2010

Kinofilm "Königin im Ring" – Boxerin Regina Halmich hat Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung des Persön­lich­keits­rechtesKommerzielle Vermarktung des Kinofilms erfolgte ohne Einwilligung Halmichs

Die Profiboxerin Regina Halmich hat Anspruch auf Schadensersatz aufgrund arglistiger Täuschung und Verletzung ihres Persön­lich­keits­rechtes, da die kommerzielle Vermarktung des Kinofilms "Königin im Ring" ohne die Einwilligung Halmichs erfolgte. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Die Klägerin Regina Halmich war über viele Jahre Profiboxerin, die Beklagte ist Autorin und Regisseurin von Dokumen­ta­r­filmen, der Beklagte Kameramann. Im Oktober 2007 schlossen die Parteien einen Vertrag über einen Dokumentarfilm, der das Leben und den Werdegang von Frau Halmich zeigen sollte. Für ihre Mitwirkung an diesem Film wurde eine Vergütung von 3.500 Euro vereinbart, im Gegenzug erhielten die Beklagten das Recht, den Film im Fernsehen und bei Filmfestivals zu zeigen. Die Einwilligung der Klägerin zur Vorführung im Kino zu kommerziellen Zwecken stand laut Vertrag "unter der aufschiebenden Bedingung... des Abschlusses eines branchen­üb­lichen Verwer­tungs­ver­trages mit einem Filmverleih und der Bezahlung einer weiteren angemessenen Vergütung für die Einräumung des Vorfüh­rungs­rechts an Frau Halmich." Der Film wurde unter Mitwirkung der Klägerin gedreht. Im Januar 2008 legten die Beklagten ihr ein Schriftstück zur Unterschrift vor, das die Erklärung enthielt, die aufschiebende Bedingung zum Vorführrecht entfalle und im Übrigen seien alle weiteren aufschiebenden Bedingungen erfüllt. In der Folge wurde ein Filmver­leih­vertrag abgeschlossen, der Film "Königin im Ring" ist in den Kinos angelaufen. Frau Halmich focht ihre schriftliche Erklärung vom Januar wegen arglistiger Täuschung an und erhob Klage auf Feststellung eines Schaden­s­er­satz­an­spruchs wegen Verletzung ihres Persön­lich­keits­rechtes, weil der Film ohne ihre Einwilligung in die Kinos gekommen sei.

Einwilligung zur kommerziellen Verwertung des Films im Kino wurde nicht erteilt

Das Landgericht Karlsruhe stellte einen Schaden­s­er­satz­an­spruch fest. Die Berufung der Beklagten zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Das Gericht führte aus, dass nach § 22 Satz 1 KunstUrhG Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürften. Das auf diese Weise geschützte Recht am eigenen Bild sei eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechtes. In dem Film würde Frau Halmich nicht nur bei Auftritten in der Öffentlichkeit, etwa bei Boxkämpfen vor Publikum gezeigt, sondern auch auf zahlreichen Bildern aus ihrer Kindheit und Jugendzeit sowie in ihrer privaten und häuslichen Umgebung. Frau Halmich habe zwar für ihre Mitwirkung an dem Film bereits einen Betrag in Höhe von 3.500 Euro erhalten, auch seien ihr Anwaltskosten in Höhe von 3.000 Euro erstattet worden, dennoch gelte ihre Einwilligung zur kommerziellen Verwertung des Films im Kino als nicht erteilt, da sie sich zunächst nur mit der Vorführung des Films im Kino im Rahmen von Filmfestivals einverstanden erklärt hätte. Wäre allerdings die Vereinbarung vom Januar 2008 als wirksam anzusehen, hätte Frau Halmich auf die Beschränkungen, unter denen sie ihre Einwilligung zur Verbreitung ihres Bildnisses im ursprünglichen Vertrag gestellt hatte, verzichtet.

Arglistige Täuschung – Eigentlicher Schwerpunkt der Regelung wurde verklausuliert ausgedrückt

Mit dem Landgericht kam das Gericht jedoch zu der Auffassung, dass Frau Halmich ihre Willen­s­er­klärung wirksam und fristgerecht angefochten habe. Nach der Beweisaufnahme habe das Landgericht eine arglistige Täuschung zu Recht darin gesehen, dass die Beklagten Frau Halmich vorgespiegelt hätten, sie benötigten ihre Unterschrift lediglich zur Quittierung des erhaltenen Geldbetrages und als Voraussetzung für die Erlangung von Fördergeldern, für Frau Halmich seien damit aber keine Nachteile verbunden. Sie hätten ihr verschwiegen, dass sie mit ihrer Unterschrift auf die Möglichkeit verzichte, eine weitere, erhebliche Vergütung für ihre Einwilligung in die Verwertung des Films im Kino zu erlangen. Für dieses Ergebnis sprächen nicht nur die Aussagen der vernommenen Zeugen, sondern auch weitere Gesichtspunkte, so sei die Ergän­zungs­ver­ein­barung nicht mit den Anwälten von Frau Halmich abgesprochen worden, die sich zuvor mit dem Vertrag befasst hätten, man habe ihr keine Kopie der Vereinbarung überlassen, der eigentliche Schwerpunkt der Regelung, nämlich der Verzicht, sei nur verklausuliert ausgedrückt worden. Das Verhalten begründe die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz wegen rechtswidriger und schuldhafter Verletzung des Rechts der Klägerin am eigenen Bild.

Regina Halmich hat berechtigtes Interesse an Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz

Die Täuschungs­handlung habe die kommerzielle Verwertung des Films im Kino ermöglicht und eingeleitet. Die Beklagten hätten die Voraussetzung dafür geschaffen und daran mitgewirkt, dass die kommerzielle Verwertung des Films im Kino ohne die nach § 22 KunstUrhG erforderliche Einwilligung der Klägerin angelaufen sei. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz, da die Beklagten diesen Anspruch in Abrede stellten, die Höhe des Schadens noch nicht feststehe und die Verjährung des Anspruchs drohe.

Geset­zes­hinweise:

§ 123 BGB Abs. 1:

Wer zur Abgabe einer Willen­s­er­klärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. [...]

§ 22 KunstUrhG:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. [...]

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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