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Oberlandesgericht Hamm Beschluss18.03.2016

OLG Hamm verweist bei Schätzung von Mietwagenkosten auf Model "Fracke"Mittelwert aus "Schwacke-Liste" und Fraunhofer-Markt­preiss­piegel wird zu Schät­zungs­grundlage "Fracke"

Sind bei der Abwicklung eines Verkehrs­unfall­schadens Mietwagenkosten nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, ist als Schät­zungs­grundlage auf den Mittelwert der Markt­preis­erhebungen nach der "Schwacke-Liste" und dem Fraunhofer-Markt­preiss­piegel abzustellen (Modell "Fracke"). Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und beantwortete damit die von der oberge­richt­lichen Rechtsprechung - auch innerhalb des Oberlan­des­ge­richts Hamm - bislang nicht einheitlich behandelte Streitfrage.

Im zugrunde liegenden Streitfall ging es um einen Verkehrsunfall, der sich im August 2014 in Bielefeld ereignet hatte. Der mit seinem Pkw Toyota von der Hauptstraße nach links in die Berliner Straße abbiegende, seinerzeit 61 Jahre alte Kläger aus Bielefeld kollidierte im Kreuzungs­bereich mit dem entge­gen­kom­menden Pkw Mercedes des seinerzeit 24 Jahre alten Beklagten aus Bielefeld, der unter Befahren einer Sperrfläche in den Kreuzungs­bereich eingefahren war. Das Gericht entschied, dass dem Beklagten aufgrund des verbotswidrigen Befahrens der Sperrfläche eine 70 prozentige Haftung zuzuschreiben sei, während der Kläger, der als Linksabbieger den im Gegenverkehr befindlichen Beklagten nicht habe passieren lassen, 30 % seines Schadens selbst zu tragen habe.

Bei der Bemessung der Schadenshöhe von insgesamt ca. 11.250 Euro hatte das Oberlan­des­gericht zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme mit 828 Euro enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.

Tatrichter können bei Schätzung auf Markt­preis­er­he­bungen nach der "Schwacke-Liste" oder nach dem Fraunhofer-Markt­preiss­piegel zurückgreifen

Der Kläger habe zu der Schaden­s­po­sition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaft­lich­keitsgebot genügt habe, so das Gericht. Sein diesbezüglicher Schaden sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, wobei es darauf ankomme, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaft­lich­keitsgebot entsprochen hätte. Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter auf die Markt­preis­er­he­bungen nach der "Schwacke-Liste" oder nach dem Fraunhofer-Markt­preiss­piegel zurückgreifen.

Oberlan­des­gericht Hamm bevorzugt als Schät­zungs­grundlage Mittel­wert­lösung "Fracke"

Beide Markt­preis­er­he­bungen seien nach der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofes, die dieser insoweit als nicht weiter klärungs­be­dürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schät­zungs­grundlagen. Bei der obergerichtlich umstrittenen Frage, auf welche Markt­preis­er­hebung abzustellen sei, bevorzuge das Oberlan­des­gericht Hamm die Mittel­wert­lösung "Fracke". Die unter­schied­lichen Erhebungs­me­thoden beider Auswertungen, die Erhebung des Fraunhofer Instituts beruhe im Wesentlichen auf einer anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage, hätten Vor- und Nachteile, die es dem Senat als sachgerecht erscheinen ließen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.

Mittelwert weicht nur unerheblich von angefallenen Mietwagenkosten ab

Im vorliegenden Fall sei nach der "Schwacke-Liste" ein Tarif von 1.142,52 Euro und nach dem Fraunhofer-Markt­preiss­piegel ein Wert von 490,51 Euro zu ermitteln. Der Mittelwert hieraus (816,52 Euro) weiche nur unerheblich von den angefallenen Mietwagenkosten (828 Euro) ab, so dass diese als ersatzfähig anzusehen seien. Ausgehend von der 70 prozentigen Haftungsquote könne der Kläger daher insgesamt ca. 7.900 Euro Schadensersatz beanspruchen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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