21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil22.03.2018

Fehlende Anbindung an öffentliche Wege: Ersteigerer eines Wohngrundstücks muss sich nicht auf Erreichbarkeit per Hubschrauber verweisen lassenNachbarn müssen Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung eines erforderlichen Zugangs dulden

Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg, kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung eines erforderlichen Zugangs dulden. Bei zu Wohnzwecken dienenden Grundstücken muss dabei eine Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen - und nicht nur durch Hubschrauber - möglich sein. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Im zugrunde liegenden Fall ersteigerte die klagende Invest­ment­ge­sell­schaft Ende2014 in einem Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren das Eigentum an einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück in Meschede. Vorheriger Eigentümer dieses Grundstücks war der Vater des Beklagten. Bereits zuvor hatte der Vater des Beklagten das benachbarte, nur 22m² große Grundstück von der Stadt Meschede erworben, das zwischen dem versteigerten Grundstück und einem öffentlichen Wegegrundstück der Stadt Meschede liegt. Das Eigentum an diesem Grundstück übertrug der Vater des Beklagten im Februar 2014 dem Beklagten, der im vorerwähnten Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren potenzielle Ersteigerer des schließlich versteigerten Grundstücks über die Unver­käuf­lichkeit seines eigenen Grundstücks informierte. Hintergrund war, dass das versteigerte Grundstück zwischen bebauten Privat­grund­s­tücken, einem Bach sowie einer Bahnlinie eingebettet ist. Bislang konnte es ausschließlich über einen Weg erreicht werden, der aus dem 22 m² großen Grundstück und dem öffentlichen Wegegrundstück besteht. Im Jahr 2016 musste ein von der klagenden Invest­ment­ge­sell­schaft beauftragter Gerichts­voll­zieher die Räumung des Verstei­ge­rungs­ob­jektes abbrechen, weil der Beklagte den Zugang über sein 22 m² großes Grundstück verweigerte. Deshalb hat sie von dem Beklagten die Einräumung eines Notwegs verlangt und dahingehend Klage erhoben.

LG bejaht Anspruch auf Notwegerecht

Das Landgericht Arnsberg gab der Klage statt. Das Gericht führte zur Begründung aus, dass der klagenden Invest­ment­ge­sell­schaft ein Notwegerecht zustehe, weil es dem Verstei­ge­rungs­objekt an einer Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehle. Sie müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass der Zugang zu ihrem Grundstück auch über die Grundstücke von Nachbarn möglich sei. Dass die klagende Invest­ment­ge­sell­schaft von der Situation der Erreichbarkeit des versteigerten Grundstücks bereits im Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren Kenntnis hatte, sei für die rechtliche Bewertung unerheblich.

Beklagter verweist auf Möglichkeit zur Räumung des Grundstücks per Hubschrauber

Dagegen wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er war unter anderem der Auffassung, dass das Landgericht ein Notwegerecht fehlerhaft bejaht habe. Ein solches Recht sei nicht im Grundbuch eingetragen. Die Räumung des Verstei­ge­rungs­ob­jektes sei jedenfalls mit einem Hubschrauber möglich. Im Übrigen habe bereits sein Vater auf ein Notwegerecht dadurch verzichtet, dass er ein solches Recht nicht im Grundbuch eingetragen habe.

OLG: Invest­ment­ge­sell­schaft muss sich nicht auf Gebrauch eines Hubschraubers verweisen lassen

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte die Verurteilung des Beklagten durch das Landgericht. Nach der gesetzlichen Regelung des § 917 BGB könne die klagende Invest­ment­ge­sell­schaft von dem Beklagten verlangen, dass er die Benutzung seines Grundstücks durch sie zu dulden habe, so das Gericht. Denn die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehle dem versteigerten Grundstück. Die klagende Invest­ment­ge­sell­schaft müsse sich nicht auf den Gebrauch eines Hubschraubers verweisen lassen, um zu ihrem Grundstück zu gelangen. Für die von ihr beabsichtigte Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken müsse es ihr nämlich möglich sein, es mit Kraftfahrzeugen erreichen zu können.

Beklagter muss Einräumung eines Notwegs dulden

Als Eigentümer desjenigen Grundstücks, über das bislang die Verbindung stattgefunden habe, müsse der Beklagte die Einräumung eines Notwegs dulden. Ein etwaiger Verzicht auf ein Notwegerecht durch seinen Vater hätte im Grundbuch eingetragen werden müssen, damit er gegenüber der Klägerin ebenfalls wirksam gewesen wäre.

Invest­ment­ge­sell­schaft müsste Notwegerente für Benutzung des Grundstücks zahlen

Die klagende Invest­ment­ge­sell­schaft sei zwar grundsätzlich dazu verpflichtet, den Beklagten durch Zahlung einer Notwegerente für die Benutzung seines Grundstücks zu entschädigen. Der Beklagte habe aber in diesem Rechtsstreit nicht geltend gemacht, dass und ggf. in welcher Höhe er dahingehend ein Zurück­be­hal­tungsrecht ausüben wolle.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online (pm)

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