18.10.2024
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Dokument-Nr. 27045

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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.07.2018

Eigentum an einer Rolex: Täuschungs­bedingt aber freiwillig an Dritte abgegebene Uhr ist nicht "abhan­den­ge­kommen"Gutgläubiges Erwerben einer Uhr ohne Garantiekarte kann nicht als grob fahrlässiges Verhalten gewertet werden

Ein gutgläubiger Erwerb einer Sache kann dann nicht möglich sein, wenn sie einem Eigentümer abhan­den­ge­kommen ist. Abhan­den­ge­kommen ist eine Sache aber dann nicht, wenn ein Eigentümer täuschungs­bedingt, aber letztlich doch freiwillig die Sache einer anderen Person übergeben hat. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Falls erwarb im Mai 2008 für 12.000 Euro eine Herre­n­a­rm­banduhr der Marke Rolex. Die dazugehörige Garantiekarte wies den Erstkäufer der Uhr aus und zertifizierte ihre Echtheit. Ein Jahr später wollte der Beklagte die Uhr wieder verkaufen. Hierzu traf er sich im Mai 2009 mit einem unter dem Namen "Rachid" auftretenden Unbekannten in einem Hotel in Düsseldorf. Dieser wollte sich von einem angeblich in der Nähe befindlichen Experten die Echtheit der Uhrbestätigen lassen. Zu diesem Zweck übergab der Beklagte ihm die Uhr, behielt aber die Garantiekarte bei sich. "Rachid" verließ daraufhin das Hotel und kehrte nicht wieder zurück. Der Beklagte erstattete Strafanzeige. Das Ermitt­lungs­ver­fahren musste die Staats­an­walt­schaft einstellen, weil sie den Täter nicht ermitteln konnte.

Polizei beschlagnahmt Rolex

Im Februar 2016 erwarb der Kläger für 14.500 Euro bei einem Kölner Gebrauch­t­uh­ren­händler die Rolex ohne dazugehörige Garantiekarte. Anlässlich einer Revision der Uhr bei dem Hersteller konnte dieser feststellen, dass die Uhr zur Sachfahndung ausgeschrieben war, woraufhin die Polizei sie im September 2016 beschlagnahmte. Die zuständige Staats­an­walt­schaft gab die Uhr schließlich in Verwahrung, weshalb sie sich bei der Justizkasse NRW - jetzt Zentrale Zahlstelle Justiz - in Hamm befand. Als mögliche Empfangs­be­rechtigte der Uhr benannte die Staats­an­walt­schaft den Kläger und den Beklagten. Beide stritten darüber, ob der Kläger das Eigentum an der Uhr von dem Kölner Gebrauch­t­uh­ren­händler erhalten konnte. Sie verlangen jeweils die Herausgabe der Uhr an sich selbst.

LG erklärt Beklagten zum Eigentümer der Uhr

Das Landgericht Bochum gab dem Beklagten recht. Der Kläger habe - nach der Ansicht des Landgerichts - nicht Eigentümer der Uhr werden können. Sie sei nämlich dem Beklagten abhan­den­ge­kommen - was einen Eigentumserwerb des Klägers ausschließe. Nach der Übergabe der Uhr an "Rachid" habe er nämlich seinen Besitz an der Uhr erst verloren, als dieser nicht zurückgekehrt sei, wie sie es vereinbart hätten. Nicht entscheidend für den Verlust des Besitzes sei, dass der Beklagte auf "Rachid" schon dann nicht mehr habe einwirken können, als er das Hotel verlassen habe, zumal er sich durch die zurückgehaltene Garantiekarte abgesichert habe. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung.

OLG: Kläger kann als Eigentümer der Uhr Herausgabe verlangen

Mit Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied, dass dem Kläger die Uhr gehöre, weshalb er ihre Herausgabe verlangen könne. Er habe das Eigentum an ihr von dem Kölner Gebrauch­t­uh­ren­händler erwerben können, weil dem Beklagten die Uhr nicht abhan­den­ge­kommen sei. Dem stehe nämlich entgegen, dass der Beklagte die Uhr "Rachid" zwar täuschungs­bedingt, aber doch freiwillig übergeben und damit jeden Zugriff auf die Uhr verloren habe. Das Zurückbehalten der Garantiekarte führe nicht zu einer anderen Bewertung, weil sie ab dem Zweitverkauf keine Aussage über die Berechtigung an der Uhr treffe und es einen Markt für Uhren ohne zugehörige Garantiekarte gebe. Damit sei die Möglichkeit nicht zu widerlegen, dass schon der Gebrauch­t­uh­ren­händler wirksam das Eigentum an der Uhr und der Kläger die Uhr somit von einem Berechtigten erworben habe. Selbst wenn man aber die Nicht­be­rech­tigung des Gebrauch­t­uh­ren­händlers unterstelle, habe der Kläger zumindest gutgläubig das Eigentum erworben, weil er sich nicht grob fahrlässig verhalten habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online (pm)

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