18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss03.03.2022

Pauschale Behauptung zum drohenden Verlust des Arbeitsplatzes rechtfertigt kein Absehen vom Regel­fahrt­verbotTatgericht muss Angaben des Betroffenen und seines Arbeitgebers genau prüfen

Allein die pauschale Behauptung des Betroffenen und eine schriftliche Bestätigung durch den Arbeitgeber zum drohenden Verlust des Arbeitsplatzes rechtfertigt kein Absehen vom Regelfahrverbot. Das Tatgericht muss die Angaben des Betroffenen und seines Arbeitgebers genau prüfen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2021 wurde ein Mann vom Amtsgericht Essen wegen vorsätzlicher Überschreitung der Höchst­ge­schwin­digkeit zu einer Geldbuße verurteilt. Von der Verhängung des Regel­fahr­verbots sah es ab, da der Betroffene angab, sonst seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Er sei als Verkaufsberater in einem großen Autohaus tätig und zu seinen Aufgaben gehöre die Durchführung von Überführungs- und Probefahrten mit gebrauchten Fahrzeugen. Sein Arbeitgeber bestätigte schriftlich, dass er sich im Falle eines Fahrverbots arbeits­rechtliche Sanktionen - einschließlich einer Kündigung - vorbehalte. Aus betrieblichen Gründen könne dem Betroffenen auch kein zusam­men­hän­gender Urlaub von drei Wochen gewährt werden. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, von der Verhängung des Regel­fahr­verbots abzusehen, legte die Staats­an­walt­schaft Rechts­be­schwerde ein.

Kein Absehen vom Regel­fah­rer­verbot wegen pauschaler Behauptung zum Arbeits­platz­verlust

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied, dass die pauschalen und nicht näher belegten Behauptungen bzw. Angaben des Betroffenen und des Arbeitgebers für sich genommen kein Absehen vom Regelfahrverbot rechtfertigen. Das Tatgericht dürfe Behauptungen des Betroffenen und Bestätigungen des Arbeitgebers zum drohenden Arbeitsplatzverlust nicht ungeprüft übernehmen. Es müsse die Behauptungen auf ihre Richtigkeit überprüfen und im Urteil darlegen, aus welchen Gründen es die Angaben für glaubhaft halte. Dies sei hier nicht geschehen.

Zweifel an Richtigkeit des drohenden Arbeits­platz­ver­lustes

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts bestehen hier Zweifel an der Richtigkeit des drohenden Arbeits­platz­ver­lustes im Falle eines Fahrverbots. Um die naheliegende Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitgeber lediglich eine Gefäl­lig­keits­be­schei­nigung ausstellte, müsse das Tatgericht den Betriebsinhaber, Geschäftsführer oder verant­wort­lichen Perso­nal­sach­be­a­r­beiter zeugen­schaftlich vernehmen. Dabei sei zu beachten, dass kurzfristige Fahrerverbote nur in Ausnahmefällen eine Kündigung rechtfertigen.

Möglichkeit der Urlaubs­ge­währung

Da es sich um ein größeres Autohaus handelte, sei aus Sicht des Oberlan­des­ge­richts nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum dem Betroffenen kein zusam­men­hän­gender Urlaub von drei Wochen gewährt werden könne, so dass ein Teil des zu verbüßenden Fahrverbots in seinem Urlaub liegt. Es müsse festgestellt werden, wie viele Mitarbeiter konkret im Autohaus arbeiten und welche konkreten betrieblichen Belange gegen die Gewährung des zusam­men­hän­genden Urlaubs sprechen.

Möglichkeit der anderen Beschäftigung

Auch hätte es der Darlegung bedurft, so das Oberlan­des­gericht, warum es dem Arbeitgeber nicht möglich sei, dem Betroffenen in dem überschaubaren Zeitraum des Fahrverbots anderweitig zu beschäftigen. Da der Betroffene als Verkaufsberater beschäftigt ist, könne er auch in den Verkaufsräumen des Autohauses tätig sein und dort Kunden beraten sowie Verkaufs­ge­spräche führen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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