15.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil30.08.2016

Veröf­fent­lichung einer Immobi­lie­n­anzeige ohne Pflichtangaben gemäß Energie­einspar­verordnung stellt wettbe­wer­bs­widriges Handeln darOLG Hamm klärt Informations­pflichten im Zusammenhang mit Energie­einspar­verordnung

Wer als Verkäufer, Vermieter oder Verpächter zu einer Immobilie mit Energieausweis eine Immobi­lie­n­anzeige ohne die gemäß § 16 a Energie­einspar­verordnung (EnEV) erforderlichen Pflichtangaben veröffentlicht, handelt wettbe­wer­bs­widrig. Aber auch Maklern kann es zu untersagen sein, Anzeigen für Mietwohnungen ohne die Angaben zur Art des Energie­aus­weises und zu dem im Energieausweis genannten Baujahr zu veröffentlichen oder Verkaufs­an­zeigen ohne die Angabe zum wesentlichen Energieträger. Dies geht aus Entscheidungen des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Im zugrunde liegenden Rechtsstreit nahm der klagende Umwelt- und Verbrau­cher­schutz­verein aus Radolfzell einen Makler aus Rheda-Wiedenbrück (im Verfahren 4 U 137/15) und eine u.a. als Maklerin tätige Firma aus Münster (im Verfahren 4 U 8/16) auf Unterlassung von - aus seiner Sicht - wettbe­wer­bs­widrigen Immobi­lie­n­an­zeigen in Anspruch, weil diese den Infor­ma­ti­o­ns­pflichten aus § 16 a EnEV nicht genügten.

Sachverhalt

Der beklagte Makler aus Rheda-Wiedenbrück veröffentlichte im Januar 2015 in der "Neuen Westfälischen" eine Anzeige zur Vermietung einer 3-Zimmer-Wohnung in Gütersloh, ohne die Art des Energie­aus­weises und das im Energieausweis genannte Baujahr anzugeben. Die beklagte Firma aus Münster bewarb im April 2015 in den "Westfälischen Nachrichten" den Verkauf eines Zweifa­mi­li­en­hauses in Gelmer und die Vermietung einer Eigen­tums­wohnung ohne Angaben zum wesentlichen Energieträger der Gebäude. Bei der Veröf­fent­lichung der Anzeigen lag - nach dem Vortrag der Parteien bzw. den Feststellungen des Gerichts - zu den beworbenen Immobilien jeweils ein Energie­ver­brauchs­ausweis vor.

Geltend gemacht Unter­las­sungs­ansprüche waren begründet

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied, dass die geltend gemachten Unter­las­sungs­ansprüche begründet waren. Die in Frage stehenden Immobi­lie­n­an­zeigen genügten nicht den Anforderungen der EnEV, weil - wie vom Kläger zu Recht beanstandet - die in § 16 a EnEV genannten Pflichtangaben fehlten.

Infor­ma­ti­o­ns­pflicht trifft dem Wortlaut der Bestimmung nach nur Verkäufer, Vermieter und Verpächter

Zwar müsse ein Wettbe­wer­bs­verstoß der Makler nicht unmittelbar daraus folgen, dass sie der Infor­ma­ti­o­ns­ver­pflichtung des § 16 a EnEV nicht genügt hätten. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung treffe die Infor­ma­ti­o­ns­pflicht nur den Verkäufer, den Vermieter, den Verpächter bzw. den Leasingeber, so das Gericht. Ob die Regelung auch auf den im Gesetz nicht genannten Makler anzuwenden sei, sei höchst­rich­terlich noch nicht geklärt. Diese Frage müsse auch im vorliegenden Fall vom Gericht nicht abschließend beantwortet werden.

Verbrauchern werden in Anzeigen wesentliche Informationen vorenthalten

Das Veröffentlichen der Immobi­lie­n­an­zeigen sei vielmehr aufgrund der Regelung in § 5 a Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als wettbe­wer­bs­widriges Verhalten der Makler zu bewerten. Es sei wettbewerbswidrig, weil den Verbrauchern in den Anzeigen eine wesentliche Information vorenthalten werde, die sie benötigten, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können und deren Vorenthalten geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die in den Anzeigen - entgegen der Vorschrift des EnEV - nicht angegebenen Informationen seien für den Verbraucher wesentlich. Das folge aus der Abwägung seiner Infor­ma­ti­o­ns­in­teressen mit dem Interesse des Makler­un­ter­nehmens, die Information nicht zu erteilen. Letzteres sei in den zu beurteilenden Fällen nicht schutzwürdig, zudem hätten die Informationen ohne unzumutbare Mehrkosten in der Immobilienanzeige mitgeteilt werden können.

§ 16 a Energie­ein­spa­r­ver­ordnung (EnEV) - Pflichtangaben in Immobi­lie­n­an­zeigen - lautet wie folgt:

Erläuterungen
(1) Wird in Fällen des § 16 Absatz 2 Satz 1 vor dem Verkauf eine Immobi­lie­n­anzeige in kommerziellen Medien aufgegeben und liegt zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vor, so hat der Verkäufer sicherzustellen, dass die Immobi­lie­n­anzeige folgende Pflichtangaben enthält:

1.die Art des Energie­aus­weises: Energie­be­da­rfs­ausweis oder Energie­ver­brauchs­ausweis im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1,

2.den im Energieausweis genannten Wert des Endener­gie­bedarfs oder Endener­gie­ver­brauchs für das Gebäude,

3.die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes,

4.bei Wohngebäuden das im Energieausweis genannte Baujahr und

5.bei Wohngebäuden die im Energieausweis genannte Energie­ef­fi­zi­enz­klasse.

Bei Nicht­wohn­ge­bäuden ist bei Energiebedarfs- und bei Energie­ver­brauchs­aus­weisen als Pflichtangabe nach Satz 1 Nummer 2 der Endener­gie­bedarf oder Endener­gie­ver­brauch sowohl für Wärme als auch für Strom jeweils getrennt aufzuführen.

(2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei Immobi­lie­n­an­zeigen zur Vermietung, Verpachtung oder zum Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit.

[...]

§ 5 a Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) - Irreführung durch Unterlassen - lautet wie folgt:

Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berück­sich­tigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

2.deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Als Vorenthalten gilt auch

1.das Verheimlichen wesentlicher Informationen,

2.die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unver­ständ­licher oder zweideutiger Weise,

3.die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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