21.11.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 22016

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss08.10.2015

Keine Parallel­voll­streckung von Fahrverboten in sogenannten MischfällenFahrverbote sind grundsätzlich nebeneinander zu vollstrecken

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat darauf hingewiesen, dass § 25 Abs. 2a des Straßen­verkehrs­gesetztes (StVG) die zeitgleiche Vollstreckung verhängter Fahrverbote auch in sogenannten Mischfällen untersagt. In Mischfällen sind bei einem Betroffenen mehrere Fahrverbote zu vollstrecken, die zum Teil ohne und zum Teil mit der Zubilligung einer Abgabefrist von vier Monaten für den Führerschein (4-Monats-Frist) verhängt wurden.

In dem der Beschluss­fassung zugrunde liegenden Verfahren hatte sich der 1958 geborene Betroffene aus Hiddenhausen wegen einer im Juli 2014 in Espelkamp begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu verantworten. Ihm wurde zur Last gelegt, die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften um 48 km/h überschritten zu haben. Die Bußgeldbehörde belegte ihn deswegen mit einer Geldbuße von 200 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot, unter Zubilligung einer Abgabefrist von vier Monaten für den Führerschein.

Fahrzeughalter wurde bereits zuvor in weiterem Verfahren mit Geldbuße und Fahrverbot belegt

Über den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid hatte das Amtsgericht Lübbecke im März 2015 zu entscheiden. In dem Verfahren war zu berücksichtigen, dass der Betroffene aufgrund einer weiteren Geschwin­dig­keits­über­schreitung von 50 km/h vom Amtsgericht Kassel bereits mit einer Geldbuße von 280 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot, wiederum unter Gewährung einer Führer­schein­ab­ga­befrist von vier Monaten, belegt worden war. Die Entscheidung des Amtsgerichts Kassel war im Januar 2015 rechtskräftig geworden, eine Vollstreckung des Fahrverbots hatte zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Amtsgericht Lübbecke noch nicht stattgefunden.

Gericht ordnet Paral­lel­voll­streckung beider Fahrverbote an

Das Amtsgericht Lübbecke verhängte gegen den Betroffenen für den in Espelkamp begangenen Verkehrsverstoß eine Geldbuße von 200 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot, jedoch ohne Zubilligung einer 4-Monats-Frist. Gleichzeitig ordnete es die Paral­lel­voll­streckung beider Fahrverbote an, mit der Konsequenz, dass der Betroffene nur einen Monat kein Fahrzeug im Straßenverkehr hätte führen dürfen.

Amtsgericht hätte über Frage der Paral­lel­voll­streckung noch nicht entscheiden dürfen

Die gegen das amtsge­richtliche Urteil von der Staats­an­walt­schaft Bielefeld eingelegte Rechts­be­schwerde, der sich die General­staats­an­walt­schaft in Hamm angeschlossen hat, führte zur Aufhebung des amtsge­richt­lichen Ausspruches über die Paral­lel­voll­streckung durch das Oberlan­des­gericht Hamm. Die Rechts­be­schwerde sei insoweit bereits deswegen begründet, so das Gericht, weil das Amtsgericht über die Frage der Paral­lel­voll­streckung noch gar nicht habe entscheiden dürfen. Diese Entscheidung sei nicht im gerichtlichen Bußgeld­ver­fahren, in dem es um die Verhängung des Fahrverbotes gehe, zu treffen, sondern erst nach Rechtskraft der ein Fahrverbot aussprechenden gerichtlichen Entscheidung. Sie sei auch zunächst von der für die Vollstreckung zuständigen Staats­an­walt­schaft zu treffen, eine gerichtliche Entscheidung sei erst veranlasst, wenn sich der Betroffene gegen die Vollstre­ckungs­ent­scheidung der Staats­an­walt­schaft beschwere.

Fahrverbote sollen nicht durch Ausnutzen der 4-Monats-Frist zusammengelegt werden

In Bezug auf die dem Fall zugrunde liegende Rechtsfrage, der zeitgleichen (Parallel)-Vollstreckung verhängter Fahrverbote, wies das Oberlan­des­gericht Hamm darauf hin, dass bei der Vollstreckung von Fahrverboten das StVG eine differenzierte Regelung enthalte. In mehreren Bußgeld­be­scheiden jeweils ohne Gewährung einer 4-Monats-Frist verhängte Fahrverbote seien grundsätzlich nebeneinander zu vollstrecken. Dies führe zu einer Paral­lel­voll­streckung, wenn die Entscheidungen zur selben Zeit Rechtskraft erlangten. Demgegenüber seien aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG in verschiedenen Bußgeld­ver­fahren jeweils unter Bewilligung der 4-Monats-Frist verhängte Fahrverbote nacheinander zu vollstrecken, d.h. die Fahrver­bots­fristen würden addiert. So solle verhindert werden, dass ein Betroffener mehrere kurz hintereinander verhängte Fahrverbote durch ein Ausnutzen der 4-Monats-Frist zusammenlege.

Auch bei Mischfällen sind Fahrverbote nebeneinander zu vollstrecken

Im vorliegenden Verfahren sei ein sogenannter Mischfall zu beurteilen. Es gehe um die Vollstreckung zweier Fahrverbote, von denen eines mit der 4-Monatsfrist und das andere ohne diese Frist zu vollstrecken sei. Auch in diesen Fällen, so das Oberlan­des­gericht, versage § 25 Abs. 2a Satz 2 StVG eine Paral­lel­voll­streckung. Bereits nach dem Wortlaut der Norm reiche es aus, wenn bei der Vollstreckung eines der verhängten Fahrverbote die 4-Monats-Frist gelte. Der Gesetzgeber habe gerade verhindern wollen, dass ein Betroffener die 4-Monats-Frist dazu verwende, ein gegen ihn verhängtes Fahrverbot mit einem weiteren Fahrverbot zusammenzulegen.

§ 25 Abs. 2a StVG lautet wie folgt:

Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungs­wid­rigkeit ein Fahrverbot gegen den Betroffenen nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgel­dent­scheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwal­tungs­behörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1 (Anmerkung: nach dieser Vorschrift wird das Fahrverbot mit der Rechtskraft der Bußgel­dent­scheidung sofort wirksam), dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgel­dent­scheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Werden gegen den Betroffenen weitere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Fahrver­bots­fristen nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgel­dent­schei­dungen zu berechnen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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