21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil13.01.2015

Tierärzte haben vertragliche Aufklä­rungs­pflichtEigentümer müssen bei besonders risikoreichen Behandlungen über Risiken und Behandlungs­alternativen aufklären werden

Bei besonders risikoreichen Behandlungen eines Tieres und finanziellen Interessen des Eigentümers müssen Tierärzte den Eigentümer über Risiken einer tierärztlichen Behandlung und über eventuelle Behandlungs­alternativen aufklären. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Bochum.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das klagende Ehepaar aus Herning (Dänemark) war Eigentümer eines im Jahr 1999 geborenen Dressurpferdes, das die Eheleute im Jahre 2006 für ca. 300.000 Euro erworben hatten. Im Mai 2008 fiel das Pferd auf einem Turnier in den Niederlanden durch fehlende Elastizität und fehlenden Schwung auf. Die Kläger stellten es daraufhin dem Beklagten Tierarzt aus Bochum vor. Der Beklagte stellte nach einer Röntgen­un­ter­suchung die Verdachts­diagnose der Ataxie und empfahl eine chiropraktische Maßnahme. Dieser stimmten die Kläger im Rahmen eines Telefonats zu. Zur chiro­prak­tischen Behandlung wurde das Pferd in der Praxis des Beklagten in Kurznarkose gelegt. Nach der Behandlung konnte das Pferd nicht mehr selbstständig aufstehen und verstarb einen Tag später. Mit der Begründung, das Pferd sei vom Beklagten unzureichend untersucht und falsch behandelt worden sowie unter Hinweis auf eine nach ihrer Darstellung unzureichende Aufklärung über Risiken und Behand­lung­s­al­ter­nativen, haben die Kläger vom Beklagten Schadensersatz für den Verlust des Tieres in Höhe von ca. 500.000 Euro verlangt.

OLG: Tierarzt haftet aufgrund eines Aufklä­rungs­fehlers

Die Schaden­s­er­satzklage hatte dem Grunde nach Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat das Grundurteil des Landgerichts Bochum bestätigt, so dass nunmehr die konkrete Schadenshöhe in dem vor dem Landgericht Bochum fortzusetzenden Zivilprozess zu klären sein wird. Der Beklagte hafte - so das Gericht - aufgrund eines Aufklä­rungs­fehlers. Die von einem Tierarzt zu fordernde Aufklärung sei zwar nicht mit der in der Humanmedizin zum Schutz des Selbst­be­stim­mungs­rechts des Patienten gebotenen Aufklärung zu vergleichen. Ein Tierarzt habe aber eine vertragliche Aufklärungs- und Beratungs­pflicht. Bei besonders risikoreichen Behandlungen und auch finanziellen Eigen­tü­me­r­in­teressen müsse der Tierarzt den Eigentümer über die Risiken der Behandlung und über andere Behand­lungs­mög­lich­keiten aufklären.

Eigentümer hätten auf alternative Behand­lungs­mög­lich­keiten hingewiesen werden müssen

Der beklagte Tierarzt habe es versäumt, die Kläger ausreichend über Risiken und weitere Behand­lungs­mög­lich­keiten aufzuklären. Nach der Darstellung des tierme­di­zi­nischen Sachver­ständigen sei eine Vollnarkose bei einem ataktischen Pferd mit besonderen Risiken verbunden, weil die Tiere beim Aufstehen besondere Koordi­nie­rungs­schwie­rig­keiten hätten. Darüber hinaus habe es andere Behand­lungs­mög­lich­keiten in Form einer operativen, medikamentösen oder chiro­prak­tischen Behandlung am stehenden Pferd gegeben, auf die die Eigentümer hätten hingewiesen werden müssen. Im vorliegenden Fall sei es Sache der Eigentümer gewesen, sich zwischen einer schnelleren, risiko­be­hafteten Behandlung mittels eines unter Narkose ausgeführten chiro­prak­tischen Eingriffs und einer länger dauernden, dafür aber risikoloseren Behandlungen, z.B. mittels Medikamenten, zu entscheiden. Es sei auch nicht festzustellen, dass die Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die vom Beklagten durchgeführte Behandlung eingewilligt hätten. Die Angabe der Kläger, sie hätten in diesem Fall zunächst einen Tierarzt ihres Vertrauens in Dänemark konsultiert, sei nachvollziehbar, zumal sie vor der Behandlung durch den Beklagten von einer eher kleineren gesund­heit­lichen Beein­träch­tigung bei dem Pferd ausgegangen seien.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil20730

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI