18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.08.2014

Zahnbehandlung muss nach unzureichender Aufklärung über andere Behandlungs­möglich­keiten nicht bezahlt werdenPatient hätte sich bei korrekter Patien­ten­auf­klärung gegen kostenintensive Behandlung entschieden

Eine kostenintensive Zahnbehandlung muss dann nicht bezahlt werden, wenn sich der Patient im Falle seiner ordnungsgemäßen Aufklärung über andere Behandlungs­möglich­keiten gegen die kostenintensive Behandlung ausgesprochen hätte. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Detmold.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 56 Jahre alte beklagte Patientin aus Bad Salzuflen ließ sich von September 2007 bis Juni 2008 von einem Kieferchirurgen in Hannover zahnärztlich behandeln. Die für den Kieferchirurgen klagende Abrech­nungs­ge­sell­schaft hat von der Beklagten die Zahlung eines Anteils von ca. 16.000 Euro von den bislang mit ca. 42.000 Euro in Rechnung gestellten kiefer­chir­ur­gischen Behandlungskosten verlangt. Der Kieferchirurg führte bei der Beklagten eine Implan­tat­be­handlung mit Knochenaufbau durch, wobei der Aufbau des Ober- und Unterknochens durch gezüchtetes Knochenmaterial (Eigen­kno­chen­züchtung) erfolgen sollte. Die Beklagte hat u.a. vorgetragen, nicht über andere Behand­lungs­mög­lich­keiten aufgeklärt worden zu sein und auch nicht gewusst zu haben, dass bei der gewählten Behand­lungs­methode Kosten in Höhe von mehr als 90.000 Euro anfallen würden. In Kenntnis der Kosten hätte sie der durchgeführten Behandlung nicht zugestimmt.

Patient hätte sich im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung gegen kostenintensive Behandlung mit Eigen­kno­chen­züchtung entschieden

Die Rechts­ver­tei­digung der Beklagten war erfolgreich. Ebenso wie das Landgericht hat das Oberlan­des­gericht Hamm den geltend gemachten Honoraranspruch abgewiesen. Der Kieferchirurg habe die Beklagte nicht ordnungsgemäß über andere Behand­lungs­mög­lich­keiten und deren Risiken aufgeklärt. Im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte sich die Beklagte gegen die kostenintensive Behandlung mit der Eigen­kno­chen­züchtung entschieden. Dann wären die dem geltend gemachten Honoraranspruch zugrunde liegenden zahnärztlichen Leistungen nicht angefallen.

Risiken einer möglichen Alter­na­tiv­be­handlung wurden übertrieben dargestellt

Der vom Oberlan­des­gericht angehörte Sachverständige habe festgestellt, dass neben der Eigen­kno­chen­züchtung die Verwendung von Knoche­n­er­satz­mittel und die Knochenentnahme aus dem Beckenkamm als weitere Behand­lungs­mög­lich­keiten in Betracht gekommen seien. Im Rahmen seiner Patien­ten­auf­klärung habe der behandelnde Kieferchirurg unstreitig nur auf die Knochenentnahme als alternative Behand­lungs­mög­lichkeit hingewiesen. Dabei habe er die Risiken der Eigen­kno­chen­züchtung, die allein Kosten von ca. 15.000 Euro verursacht habe, verharmlost. Mit dieser Methode sei es schwierig, den bei größeren Defekten erforderlichen dreidi­men­si­onalen Aufbau zu erreichen. Demgegenüber habe er die Risiken der Knochenentnahme übertrieben dargestellt, weil - entgegen seinen geäußerten Bedenken - bei der Patientin aus beiden Beckenkämmen genügend Knochenmaterial habe entnommen werden können.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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