Oberlandesgericht Hamm Urteil23.10.2015
Patient hat nach behandlungsfehlerhafter Speiseröhrenverletzung Anspruch auf 20.000 Euro SchmerzensgeldUnterlassen einer Kontrolle der Lage der Speiseröhre bei der Operation stellt Behandlungsfehler dar
Die im Verlauf einer Operation auch bei fachgerechtem ärztlichen Vorgehen mögliche Verletzung der Speiseröhre ist ein Behandlungsfehler, wenn sie durch eine ärztliche Überprüfung der Lage der Speiseröhre während der Operation zu vermeiden war. Muss ein Patient aufgrund einer behandlungsfehlerhaften Verletzung seiner Speiseröhre mehrere Monate mittels einer Magensonde ernährt werden und wird er dauerhaft durch Schluckbeschwerden beeinträchtigt sein, kann dies ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro rechtfertigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der heute 60 Jahre alte, klagende Werkzeugmacher aus Recklinghausen ließ sich im Juni 2010 vom beklagten Facharzt für Neuro- und Wirbelsäulenchirurgie aus Datteln im Bereich der Halswirbelsäule an der Bandscheibe operieren. Bei dem Eingriff mit Cage-Fusion und Prothesenimplantation kam es zur Verletzung der Speiseröhre, die mit einem weiteren Eingriff als Notfall operativ versorgt werden musste. In der Folgezeit musste der Kläger etwa 5 Monate mittels einer Magensonde ernährt werden. Es blieben Schluckbeschwerden, durch die der Kläger voraussichtlich dauerhaft beeinträchtigt sein wird. Vom Beklagten verlangte der Kläger daraufhin Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro.
Die Klage war teilweise erfolgreich. Das Oberlandesgerichts Hamm sprach dem Kläger nach einem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten 20.000 Euro Schmerzensgeld zu.
Verletzung der Speiseröhre wäre bei ordnungsgemäßer Überprüfung der Lage zu vermeiden gewesen
Bei derartigen Bandscheibenoperationen könne die Speiseröhre - so das Gericht - zwar auch bei einem regelgerechten ärztlichen Vorgehen verletzt werden. Der Beklagte habe die Speiseröhre aber behandlungsfehlerhaft verletzt, weil er ihre Lage während der Bandscheibenoperation nicht hinreichend überprüft habe. Hätte er ihre Lage vor der Präparation mittels Schere überprüft, wäre die Verletzung zu vermeiden gewesen. Nach den Angaben des Sachverständigen sei diese Überprüfung deswegen medizinisch geboten gewesen. Ausgehend hiervon stelle das Unterlassen der Kontrolle, die eine ansonsten auch bei sorgfältigem Vorgehen durchaus mögliche Schädigung des Patienten verhindert hätte, auch juristisch ein Behandlungsfehler dar.
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Erlittene Beeinträchtigungen rechtfertigen Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro
In Übereinstimmung mit dem medizinischen Sachverständigen bewerte das Gericht den Fehler als einfachen Behandlungsfehler. Die vom Kläger erlittenen Beeinträchtigungen, die nachweisbar auf diesen Fehler zurückzuführen seien, rechtfertigten das zuerkannte Schmerzensgeld von 20.000 Euro.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.12.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online