18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil16.05.2014

Grober Behand­lungs­fehler bei unterlassener Schnit­tent­bindungGeburt um ca. 23 Minuten verzögert

Verzögert die unterlassene Schnit­tent­bindung die Geburt eines Kindes um ca. 23 Minuten kann das als grober Behand­lungs­fehler zu bewerten sein, wenn auffällige Herzfre­quen­zwerte des Kindes zuvor die ärztliche Entscheidung zu einer alsbaldigen Geburts­be­en­digung erfordert hätten. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden und damit das erstin­sta­nzliche Urteil bestätigt.

Der klagende Landschafts­verband ist Kostenträger des im November 2002 mit gravierenden Geburtsschäden geborenen Jungen. Aus übergangenem Recht hat er das beklagte Krankenhaus aus Witten und die dort tätige beklagte Ärztin wegen geburts­hilf­licher Behandlungsfehler auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Schwere Hirnschä­di­gungen aufgrund mangelnder Sauer­stoff­ver­sorgung bei der Geburt

Der infolge mangelnder Sauer­stoff­ver­sorgung bei der Geburt schwer hirngeschädigte Junge kam im beklagten Krankenhaus zur Welt. Während des von der beklagten Ärztin betreuten Geburts­vor­ganges sanken die Herzfre­quen­zwerte des Kindes zeitweise lebens­ge­fährlich ab. Eine Blutgas­un­ter­suchung unterblieb. Anstelle einer Schnit­tent­bindung wurde die Mutter zunächst ca. 15 Minuten und ohne Beschleunigung des Geburtsvorgangs auf einen Geburtshocker gesetzt, bevor es unter Einsatz von Kristallerhilfe schließlich zu einer - im Vergleich zu einer Schnit­tent­bindung - um ca. 23 Minuten verzögerten, spontanen Geburt kam.

Durchgeführte Maßnahmen medizinisch grob fehlerhaft

Die vom klagenden Landschafts­verband beantragte Feststellung der Schaden­s­er­satz­pflicht der Beklagten hatte Erfolg. Nach eingeholten medizinischen Sachver­stän­di­gen­gut­achten hat das Gericht die Maßnahmen der Beklagten bei der Geburtshilfe in ihrer Gesamtheit als grob fehlerhaft bewertet. Nach den festgestellten Auffälligkeiten bei den Herzfre­quen­z­werten des Kindes sei der ca. 30-minütige Versuch, die Geburt unter Anwendung des Geburtshockers zu fördern, fehlerhaft gewesen. Wegen der Gefahr einer Kindes­schä­digung habe man sich für eine sofortige Beendigung der Geburt durch eine Schnit­tent­bindung entscheiden müssen. Die anstelle einer Schnit­tent­bindung in den letzten ca. 45 Minuten vor der Geburt durchgeführten Maßnahmen sein medizinisch nicht mehr nachvollziehbar und deswegen grob fehlerhaft. Hierdurch trete eine Beweis­la­st­umkehr ein. Deswegen hafteten die Beklagten für den Schaden des Kindes, auch wenn nicht sicher fest stehe, ob dieser erst infolge der ca. 23-minütigen Verzögerung vor der Geburt oder bereits zuvor eingetreten sei.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ ra-online

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