18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24902

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Oberlandesgericht Hamm Beschluss21.06.2017

Vorsätzliche Verletzung der Anzei­geob­lie­genheit: Kein Anspruch auf Schadensersatz bei zu später Mitteilung an Kasko­ver­si­chererKaskos­ver­si­cherung darf bei Meldung eines Unfallschadens erst sechs Monate nach Unfallgeschehen Entschädigung verweigern

Teilt ein Versi­che­rungs­nehmer - in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht - seinem Kasko­ver­si­cherer einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mit, kann der Kasko­ver­si­cherer berechtigt sein, eine Entschädigung wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzei­geob­lie­genheit zu verweigern. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Essen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatte seinen Pkw Porsche Boxster beim beklagten Versicherer aus Koblenz kaskoversichert. Mitte Juni 2016 meldete der Kläger der Beklagten einen Schadensfall vom 23. Dezember 2015. Nach seiner, des Klägers, Darstellung war die linke Seite seines Fahrzeugs, das er in Essen am Rand einer Straße abgestellt hatte, streifenartig beschädigt worden. Diesen Schaden habe er - so der Kläger - im Januar 2016 begutachten und dann noch im Januar für ca. 5.600 Euro reparieren lassen. Am Unfalltage habe er an seinem Fahrzeug einen Zettel mit einem Namen und einer Mobilfunknummer vorgefunden, mit diesen Angaben in der Folgezeit aber keinen Schädiger ermitteln können. Aus diesem Grunde sei die Beklagte dann im Juni 2016 unterrichtet worden.

Die Beklagte war der Auffassung, dass sie leistungsfrei sei, weil der Kläger seine Anzei­geob­lie­genheit verletzt habe. Zudem hat sie das Schadensbild für nicht plausibel und das vom Kläger eingeholte Gutachten für unbrauchbar gehalten.

Kläger verletzt durch eigenes Handeln vertragliche Obliegenheit

Die - unter Berück­sich­tigung eines Selbstbehalts - auf Zahlung einer Entschädigung von ca. 5.300 Euro gerichtete Klage des Klägers blieb erfolglos. Nach der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm konnte offenbleiben, ob sich das Schaden­se­r­eignis, wie vom Kläger behauptet, zugetragen hatte. Die Beklagte sei laut Oberlan­des­gericht von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden, weil der Kläger eine vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Er habe den Schaden entgegen den Versi­che­rungs­be­din­gungen nicht innerhalb einer Woche nach dem Schaden­se­r­eignis gegen über der Beklagten angezeigt, sondern erst rund sechs Monate später.

Versi­che­rungs­nehmer hat Verpflichtung zur Schadensmeldung

Unerheblich sei insofern, dass es dem Kläger nach seinem Vortrag möglich erschienen sei, den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Die Verpflichtung zur Schadensmeldung bestehe unabhängig davon, ob später tatsächlich eine Leistung des Versicherers in Anspruch genommen werde. Die Anzeigepflicht solle sicherstellen, dass dem Versicherer bei einer Inanspruchnahme eigene Ermittlungen möglich seien.

Schadensfall muss Versicherer zeitnah nach Schaden­se­r­eignis gemeldet werden

Die Anzei­geob­lie­genheit habe der Kläger vorsätzlich verletzt. Ihm sei das Erfordernis einer Meldung gegenüber der Beklagten bekannt gewesen. Das stelle der Kläger bereits nicht in Abrede. Zudem sei auch deswegen von einer vorsätzlich verzögerten Anzeige auszugehen, weil der Kläger nach eigenen Angaben anfangs auf eine Meldung gegenüber der Beklagten verzichtet habe, um zu versuchen, den Schädiger in Anspruch zu nehmen. Abgesehen davon sei es allgemein bekannt, dass ein Schadensfall dem Versicherer zeitnah nach dem Schaden­se­r­eignis gemeldet werden müsse. Selbst wenn dem Kläger die konkrete zeitliche Begrenzung nicht bewusst gewesen sei, habe er jedenfalls nicht ernsthaft darauf vertrauen können, dass eine Meldung ca. ein halbes Jahr nach dem Schaden­se­r­eignis und nach vollständiger Beseitigung sämtlicher Beschädigungen noch genügen könne.

Vom Versi­che­rungs­nehmer vorgelegtes Gutachten weist Fehler auf

Einen zur Erhaltung seines Anspruches zu erbringenden Nachweis, dass die verzögerte Anzeige nicht dazu beigetragen habe, dass die Beklagte keine Feststellungen zum Versi­che­rungsfall und zu ihrer Leistungs­pflicht mehr treffen konnte, könne der Kläger nicht führen. Zwar habe der Kläger das Fahrzeug durch einen von ihm gewählten Sachver­ständigen begutachten und den Sachver­ständigen auch die im Januar 2016 durchgeführte Reparatur bescheinigen lassen. Allerdings weise das vorgelegte Gutachten Fehler auf, zudem lasse die Bestätigung des Sachver­ständigen nicht erkennen, dass fachgerecht repariert worden sei. Mit seinem Vorgehen habe der Kläger der Beklagten daher die Möglichkeit genommen, den Schadensfall selbst zu untersuchen und durch einen von ihr bestimmten Sachver­ständigen begutachten zu lassen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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