23.11.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 6505

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Urteil20.12.2000Oberlandesgericht Hamm20 U 160/00
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2001, 816Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2001, Seite: 816
  • NVersZ 2001, 280Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht (NVersZ), Jahrgang: 2001, Seite: 280
  • VersR 2001, 1234Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2001, Seite: 1234
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Vorinstanz:
  • Landgericht Dortmund, Urteil13.07.2000, 2 O 75/00
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil20.12.2000

Gekipptes Fenster: Hausrat­ver­si­cherung muss bei Einbruch trotzdem zahlenDauer der Abwesenheit entscheidend

Wer kennt das nicht: Man verlässt nur kurz die Wohnung und das Fenster bleibt in Kippstellung. Kommt es dann zu einem Einbruch, stellt sich die Frage, ob die Hausrat­ver­si­cherung zahlen muss oder nicht. Aus einem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm geht hervor, dass es entscheidend auf die Länge der Abwesenheit ankommt.

Im zugrunde liegenden Fall verließ eine Familie an einem Sonntag im September 1999 gegen 14.00 Uhr die Wohnung. Die Sonne schien und die Familie brach auf zu einem Badetag an einem See. Das Schlaf­zim­mer­fenster ließen sie in Kippstellung offen, das das Fenster an Werktagen wegen Lärms und Schmutzes geschlossen blieb. Die Wohnung befindet sich im 2. Obergeschoss eines größeren Wohnblocks mit einem großen Innenhof, in dem hohe Bäume stehen und der regelmäßig für Kinder als Spielfläche und für Erwachsene als Erholungsfläche dient.

Versicherung verweigert Schadens­re­gu­lierung

An diesem Sonntag stand im Innenhof ein Gerüst, das über das zweite Obergeschoss hinausragte. Eine Ebene des Gerüstes befand sich direkt vor dem Schlaf­zim­mer­fenster. Nach ihrer Rückkehr gegen 21.30 Uhr stellte die Familie fest, dass zwischen­zeitlich in die Wohnung eingebrochen worden war. Die Täter waren über das Gerüst bis zum Schlaf­zim­mer­fenster geklettert und durch das Fenster in die Wohnung eingedrungen. Es entstand ein Schaden von rund 33.000,- DM, dessen Regulierung die Hausratsversicherung ablehnte. Der Einbruch in die Wohnung sei grob fahrlässig mitverursacht worden, argumentierte die Versicherung. Das sahen das Landgericht Dortmund und das Oberlan­des­gericht Hamm anders. Sie verurteilten die Versicherung zur Zahlung. Die Versicherung sei nicht von ihrer Zahlungspflicht wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Einbruchs frei geworden.

Kurze Abwesenheit von einer halben Stunde ist nicht grob fahrlässig

Das Verhalten wäre allenfalls aufgrund der Dauer der Abwesenheit von 7 ½ Stunden als grob fahrlässig zu qualifizieren, während bei einer kürzeren Abwesenheit von beispielsweise einer halben Stunde es unzweifelhaft nicht als grob fahrlässig anzusehen wäre, in der gegebenen Situation das Schlaf­zim­mer­fenster in Kippstellung offen stehen zu lassen.

Wann erfolgte der Einbruch? Wenn er kurz nach Verlassen der Wohnung erfolgte, liegt keine grobe Fahrlässigkeit vor

In diesem Fall wäre eine Ursächlichkeit der groben Fahrlässigkeit für den erfolgten Einbruch­die­bstahl aber nur gegeben, wenn der Einbruch nicht zu einer Zeit erfolgte, zu der die Kippstellung des Fensters noch nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren war. Demgemäß müsse der Versicherer zum Nachweis der Ursächlichkeit eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versi­che­rungs­nehmers bei einer solchen Sachlage darlegen und beweisen, dass die Tat nicht unmittelbar nach Verlassen der Wohnung durch den Versi­che­rungs­nehmer sondern zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Kippstellung des Fensters, durch das die Täter in die Wohnung eindrangen, als grob fahrlässig einzustufen war. Fehle es hieran, sei die Kausalität eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versi­che­rungs­nehmers nicht festzustellen.

Versicherung kann den Zeitpunkt des Einbruchs nicht nennen

Vorliegend konnte die Versicherung keine Angaben zum Zeitpunkt des Einbruch­die­b­stahls machen, so dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Einbruch schon unmittelbar nach Verlassen der Wohnung erfolgte. Dann erfolgte der Einbruch aber zu einer nicht grob Fahrlässigkeit begründenden Zeit.

Das Oberlan­des­gericht wies darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, wie lange die Familie von der Wohnung abwesend sein wollte.

Hinweis

Seit dem 1.1.2008 sieht das Versi­che­rungs­ver­trags­gesetz vor, dass ein grob fahrlässig verursachter Schaden - abhängig vom Verschul­densgrad - zumindest anteilig zu ersetzen ist.

Quelle: ra-online

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