Dokument-Nr. 6505
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- NJW-RR 2001, 816Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2001, Seite: 816
- NVersZ 2001, 280Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht (NVersZ), Jahrgang: 2001, Seite: 280
- VersR 2001, 1234Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2001, Seite: 1234
- Landgericht Dortmund, Urteil13.07.2000, 2 O 75/00
Oberlandesgericht Hamm Urteil20.12.2000
Gekipptes Fenster: Hausratversicherung muss bei Einbruch trotzdem zahlenDauer der Abwesenheit entscheidend
Wer kennt das nicht: Man verlässt nur kurz die Wohnung und das Fenster bleibt in Kippstellung. Kommt es dann zu einem Einbruch, stellt sich die Frage, ob die Hausratversicherung zahlen muss oder nicht. Aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm geht hervor, dass es entscheidend auf die Länge der Abwesenheit ankommt.
Im zugrunde liegenden Fall verließ eine Familie an einem Sonntag im September 1999 gegen 14.00 Uhr die Wohnung. Die Sonne schien und die Familie brach auf zu einem Badetag an einem See. Das Schlafzimmerfenster ließen sie in Kippstellung offen, das das Fenster an Werktagen wegen Lärms und Schmutzes geschlossen blieb. Die Wohnung befindet sich im 2. Obergeschoss eines größeren Wohnblocks mit einem großen Innenhof, in dem hohe Bäume stehen und der regelmäßig für Kinder als Spielfläche und für Erwachsene als Erholungsfläche dient.
Versicherung verweigert Schadensregulierung
An diesem Sonntag stand im Innenhof ein Gerüst, das über das zweite Obergeschoss hinausragte. Eine Ebene des Gerüstes befand sich direkt vor dem Schlafzimmerfenster. Nach ihrer Rückkehr gegen 21.30 Uhr stellte die Familie fest, dass zwischenzeitlich in die Wohnung eingebrochen worden war. Die Täter waren über das Gerüst bis zum Schlafzimmerfenster geklettert und durch das Fenster in die Wohnung eingedrungen. Es entstand ein Schaden von rund 33.000,- DM, dessen Regulierung die Hausratsversicherung ablehnte. Der Einbruch in die Wohnung sei grob fahrlässig mitverursacht worden, argumentierte die Versicherung. Das sahen das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm anders. Sie verurteilten die Versicherung zur Zahlung. Die Versicherung sei nicht von ihrer Zahlungspflicht wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Einbruchs frei geworden.
Kurze Abwesenheit von einer halben Stunde ist nicht grob fahrlässig
Das Verhalten wäre allenfalls aufgrund der Dauer der Abwesenheit von 7 ½ Stunden als grob fahrlässig zu qualifizieren, während bei einer kürzeren Abwesenheit von beispielsweise einer halben Stunde es unzweifelhaft nicht als grob fahrlässig anzusehen wäre, in der gegebenen Situation das Schlafzimmerfenster in Kippstellung offen stehen zu lassen.
Wann erfolgte der Einbruch? Wenn er kurz nach Verlassen der Wohnung erfolgte, liegt keine grobe Fahrlässigkeit vor
In diesem Fall wäre eine Ursächlichkeit der groben Fahrlässigkeit für den erfolgten Einbruchdiebstahl aber nur gegeben, wenn der Einbruch nicht zu einer Zeit erfolgte, zu der die Kippstellung des Fensters noch nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren war. Demgemäß müsse der Versicherer zum Nachweis der Ursächlichkeit eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers bei einer solchen Sachlage darlegen und beweisen, dass die Tat nicht unmittelbar nach Verlassen der Wohnung durch den Versicherungsnehmer sondern zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Kippstellung des Fensters, durch das die Täter in die Wohnung eindrangen, als grob fahrlässig einzustufen war. Fehle es hieran, sei die Kausalität eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers nicht festzustellen.
Versicherung kann den Zeitpunkt des Einbruchs nicht nennen
Vorliegend konnte die Versicherung keine Angaben zum Zeitpunkt des Einbruchdiebstahls machen, so dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Einbruch schon unmittelbar nach Verlassen der Wohnung erfolgte. Dann erfolgte der Einbruch aber zu einer nicht grob Fahrlässigkeit begründenden Zeit.
Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, wie lange die Familie von der Wohnung abwesend sein wollte.
Hinweis
Seit dem 1.1.2008 sieht das Versicherungsvertragsgesetz vor, dass ein grob fahrlässig verursachter Schaden - abhängig vom Verschuldensgrad - zumindest anteilig zu ersetzen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2008
Quelle: ra-online
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