Im zugrunde liegenden Fall verließ eine Familie an einem Sonntag im September 1999 gegen 14.00 Uhr die Wohnung. Die Sonne schien und die Familie brach auf zu einem Badetag an einem See. Das Schlafzimmerfenster ließen sie in Kippstellung offen, das das Fenster an Werktagen wegen Lärms und Schmutzes geschlossen blieb. Die Wohnung befindet sich im 2. Obergeschoss eines größeren Wohnblocks mit einem großen Innenhof, in dem hohe Bäume stehen und der regelmäßig für Kinder als Spielfläche und für Erwachsene als Erholungsfläche dient.
An diesem Sonntag stand im Innenhof ein Gerüst, das über das zweite Obergeschoss hinausragte. Eine Ebene des Gerüstes befand sich direkt vor dem Schlafzimmerfenster. Nach ihrer Rückkehr gegen 21.30 Uhr stellte die Familie fest, dass zwischenzeitlich in die Wohnung eingebrochen worden war. Die Täter waren über das Gerüst bis zum Schlafzimmerfenster geklettert und durch das Fenster in die Wohnung eingedrungen. Es entstand ein Schaden von rund 33.000,- DM, dessen Regulierung die Hausratsversicherung ablehnte. Der Einbruch in die Wohnung sei grob fahrlässig mitverursacht worden, argumentierte die Versicherung. Das sahen das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm anders. Sie verurteilten die Versicherung zur Zahlung. Die Versicherung sei nicht von ihrer Zahlungspflicht wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Einbruchs frei geworden.
Das Verhalten wäre allenfalls aufgrund der Dauer der Abwesenheit von 7 ½ Stunden als grob fahrlässig zu qualifizieren, während bei einer kürzeren Abwesenheit von beispielsweise einer halben Stunde es unzweifelhaft nicht als grob fahrlässig anzusehen wäre, in der gegebenen Situation das Schlafzimmerfenster in Kippstellung offen stehen zu lassen.
In diesem Fall wäre eine Ursächlichkeit der groben Fahrlässigkeit für den erfolgten Einbruchdiebstahl aber nur gegeben, wenn der Einbruch nicht zu einer Zeit erfolgte, zu der die Kippstellung des Fensters noch nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren war. Demgemäß müsse der Versicherer zum Nachweis der Ursächlichkeit eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers bei einer solchen Sachlage darlegen und beweisen, dass die Tat nicht unmittelbar nach Verlassen der Wohnung durch den Versicherungsnehmer sondern zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Kippstellung des Fensters, durch das die Täter in die Wohnung eindrangen, als grob fahrlässig einzustufen war. Fehle es hieran, sei die Kausalität eines grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers nicht festzustellen.
Vorliegend konnte die Versicherung keine Angaben zum Zeitpunkt des Einbruchdiebstahls machen, so dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Einbruch schon unmittelbar nach Verlassen der Wohnung erfolgte. Dann erfolgte der Einbruch aber zu einer nicht grob Fahrlässigkeit begründenden Zeit.
Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, wie lange die Familie von der Wohnung abwesend sein wollte.
Seit dem 1.1.2008 sieht das Versicherungsvertragsgesetz vor, dass ein grob fahrlässig verursachter Schaden - abhängig vom Verschuldensgrad - zumindest anteilig zu ersetzen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2008
Quelle: ra-online