Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ausweislich seines guineischen Nationalpasses ist der an der Personenstandssache Beteiligte heute 21 Jahre alt, guineischer Staatsangehöriger, 1995 in Mamadou (Guinea) geboren. Er hat die Vaterschaft eines 2014 geborenen Mädchens anerkannt, deren Mutter, heute 31 Jahre alt, in Arnsberg wohnt. Mutter, Vater und Kind haben die Ausstellung einer Geburtsurkunde bei der Stadt Arnsberg beantragt, die die Vaterschaft des beteiligten Vaters ausweist. Hierzu haben sie neben dem Nationalpass des Vaters noch einen vom guineischen Außenministerium legalisierten Auszug aus dem Geburtenbuch einer guineischen Gemeinde vorgelegt, welcher die Personalien des Vaters bestätigt. Das Standesamt der Stadt Arnsberg hat die beantragte Folgebeurkundung davon abhängig gemacht, dass die Antragsteller zuvor die vom Vater vorgelegten Dokumente auf ihre Kosten durch die deutsche Botschaft in Conakry (Guinea) überprüfen lassen. Hierzu haben sich die Antragsteller nicht in der Lage gesehen.
Das Amtsgericht Arnsberg bestätigte die derzeit ablehnende Haltung des Standesamtes. Die Identität des Kindesvaters sei nicht hinreichend geklärt, so das Amtsgericht. Er habe zwar Urkunden vorgelegt, gegen deren formelle Echtheit keine Bedenken bestünden. Die Vermutung des richtigen Inhalts formell echter Urkunden gelte jedoch nicht für Staaten mit bekannt unzuverlässigen Personenstandswesen. Zu diesen gehöre die Republik Guinea. Die Urkunden dieser Staaten könnten lediglich dann eine Beweiswirkung entfalten, wenn sie in einem weiteren Schritt durch eine zuverlässige Quelle vor Ort - in diesem Fall die deutsche Botschaft in Conakry - überprüft und bestätigt würden. Diese Überprüfung hätten die Antragsteller in eigener Zuständigkeit und auf eigene Kosten vornehmen zu lassen.
Die von den Antragstellern gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingelegte Beschwerde war erfolgreich. Das Oberlandesgerichts Hamm wies den Standesbeamten des Standesamtes Arnsberg an, das Vaterschaftsanerkenntnis des beteiligten Vaters bei dem in Frage stehenden Geburtseintrag zu beurkunden. Der beteiligte Vater habe seine Identität durch den von ihm vorgelegten Nationalpass hinreichend nachgewiesen, so das Oberlandesgericht. Ein Pass sei wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit bedingten regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Nach der Vorlage eines Passes sei eine weitergehende Prüfung nur dann geboten, wenn dem Standesbeamten weitere Urkunden vorlägen und sonstige Tatsachen zur Kenntnis gekommen seien, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Pass dokumentierten Identität rechtfertigen könnten. Das entspreche dem völkerrechtlichen Grundsatz der Passhoheit der einzelnen Staaten und trage dem Umstand Rechnung, dass der Einzelne praktisch keine andere Möglichkeit habe, seine persönliche Identität effektiv nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall bestünden keine Ansatzpunkte, die weitergehende Ermittlungen wie eine Überprüfung der Geburtsurkunde vor Ort gebieten könnten. Die Beweiswirkung des Nationalpasses werde nicht durch andere Urkunden in Frage gestellt. Alleine der Umstand, dass in dem Heimatland des Kindesvaters kein sicheres Urkundenwesen bestehe, also kein solches, dass die dortige Botschaft als hinreichende Grundlage für ein Legalisationsverfahren ansehe, reiche nicht aus, die Beweiswirkung des Nationalpasses in Frage zu stellen. Dieser Aspekt betreffe vorrangig Urkunden, die für den inländischen Gebrauch bestimmt seien. Ein Nationalpass sei demgegenüber stets auch eine staatliche Erklärung gegenüber der Staatengemeinschaft. Erfahrungsgemäß würden Staaten, deren innere Organe wenig verlässlich erschienen, beim Ausstellen von Pässen wesentlich restriktiver verfahren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.10.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online