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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 12218

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Bundesverwaltungsgericht Urteil01.09.2011

BVerwG: Kein Anspruch auf Einbürgerung ohne ausreichende Klärung der IdentitätEinbür­ge­rungs­behörde zu Identi­täts­prüfung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet

Auf die Verleihung der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit besteht nur dann ein Anspruch, wenn die Identität des Einbür­ge­rungs­be­werbers geklärt ist. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Dieser Entscheidung liegt der Fall einer kurdischen Volks­zu­ge­hörigen yezidischen Glaubens zu Grunde, die 1995 als siebenjähriges Kind nach Deutschland einreiste. Sie wurde gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern im Mai 1999 wegen einer Gruppen­ver­folgung der Yeziden in der Türkei als Asylberechtigte anerkannt. Seit Juni 1999 ist die Klägerin im Besitz einer unbefristeten Aufent­halt­s­er­laubnis, die als Nieder­las­sungs­er­laubnis fortgilt. Sie erhielt erstmals im Juli 2004 einen Reiseausweis für Flüchtlinge, in dem vermerkt war „Identität nicht nachgewiesen“. In dem zuletzt 2008 ausgestellten Reiseausweis ist vermerkt, die eingetragenen Personalien beruhten auf eigenen Angaben. Im September 2004 beantragte die Klägerin, sie einzubürgern. Auf wiederholte Aufforderungen der Einbür­ge­rungs­behörde, einen Auszug aus dem Geburtseintrag der türkischen Standes­amts­behörde bzw. andere Identi­täts­nachweise vorzulegen, erklärte die Klägerin, sie sei dazu nicht in der Lage. Daraufhin lehnte die beklagte Stadt Hagen im Januar 2007 den Antrag ab, weil die Identität der Klägerin unklar sei.

Klägerin hält Kontaktaufnahme zum türkischen Staat für unzumutbar

Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat sich die Klägerin u.a. darauf berufen, ihr sei es als Asylbe­rech­tigter unzumutbar, mit dem türkischen Staat Kontakt wegen amtlicher Unterlagen aufzunehmen. Ihre Identität sei durch ihren Reiseausweis belegt.

OVG: Klägerin hat Anspruch auf Einbürgerung

Das Verwal­tungs­gericht Arnsberg hat die Klage abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht Münster hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Sie habe einen Anspruch auf Einbürgerung (aus § 10 Abs. 1 Satz 1 Staats­an­ge­hö­rig­keits­gesetz - StAG 2005). Die Identität des Einbür­ge­rungs­be­werbers sei keine (geschriebene oder ungeschriebene) Voraussetzung (des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG alter und neuer Fassung) und deshalb im Einbür­ge­rungs­ver­fahren nicht (mehr) zu prüfen.

Klärung der Identität des Einbür­ge­rungs­be­werbers gemäß gesetzlicher Regelung Voraussetzung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Nach Ansicht des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts wird eine Klärung der Identität des Einbür­ge­rungs­be­werbers in der gesetzlichen Regelung (insbesondere des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 StAG sowie der Ausschluss­gründe nach § 11 StAG 2005) vorausgesetzt. Eine verlässliche Prüfung wesentlicher Einbür­ge­rungs­vor­aus­set­zungen ist sonst nicht möglich. Entgegen der Ansicht des Oberver­wal­tungs­ge­richts ist die Einbür­ge­rungs­behörde zu einer Identitätsprüfung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.

OVG muss Zumutbarkeit geforderter Mitwir­kungs­hand­lungen der Klägerin überprüfen

Da das Oberver­wal­tungs­gericht keine abschließende Prüfung der Identität der Klägerin vorgenommen hat, hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht den Rechtsstreit zur Nachholung dieser Prüfung zurückverwiesen. Hierzu hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht darauf hingewiesen, dass die vorliegenden Reiseausweise der Klägerin weder abschließende noch andere Behörden bindende Identi­täts­fest­stel­lungen enthalten. Das Oberver­wal­tungs­gericht wird die Zumutbarkeit der von der Klägerin geforderten Mitwir­kungs­hand­lungen überprüfen und gegebenenfalls auch selbst weitere Ermittlungen anstellen müssen.

* § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG in der geltenden Fassung lautet auszugsweise (insoweit sachlich übereinstimmend mit § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG 2005):

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 des Aufent­halts­ge­setzes oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn er

1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die

a) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder

b) eine ungesetzliche Beein­träch­tigung der Amtsführung der Verfas­sungs­organe des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder

c) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbe­rei­tungs­hand­lungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,

2. ein unbefristetes Aufent­haltsrecht oder als Staats­an­ge­höriger der Schweiz oder dessen Familien­an­ge­höriger eine Aufent­halt­s­er­laubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidge­nos­sen­schaft andererseits über die Freizügigkeit oder eine Aufent­halt­s­er­laubnis für andere als die in den §§ 16, 17, 20, 22, 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 und 25 Abs. 3 bis 5 des Aufent­halts­ge­setzes aufgeführten Aufent­halts­zwecke besitzt,

3. den Lebensunterhalt für sich und seine unter­halts­be­rech­tigten Familien­an­ge­hörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozial­ge­setzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,

4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,

5. weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schul­d­un­fä­higkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, […].

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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