21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss29.11.2015

Lockerungen im Strafvollzug auch beim Leugnen der Tat möglichTatleugnung allein kein ausreichender Grund für Fortsetzen des Vollzugsplans ohne Vollzugs­lo­cke­rungen

Allein das Leugnen der Tat durch den Verurteilten rechtfertigt nicht das Versagen vollzugs­öff­nender Maßnahmen wie beispielsweise einer Ausführung oder eines Beglei­t­aus­ganges. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm auf die Rechts­be­schwerde eines Betroffenen.

Der im Jahre 1966 geborene Betroffene des zugrunde liegenden Verfahrens verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in einer Justiz­voll­zugs­anstalt am Niederrhein. Im Juni 2014 hatte er 15 Jahre der Freiheitsstrafe verbüßt. Im April dieses Jahres schrieb die Justiz­voll­zugs­anstalt den Vollzugsplan für den Betroffenen fort, ohne Vollzugs­lo­cke­rungen - sogenannte vollzugs­öffnende Maßnahmen - zu gewähren und wies zur Begründung darauf hin, dass der Betroffene zu einer selbst­kri­tischen Ausein­an­der­setzung mit sich selbst nicht bereit sei und die der Verurteilung zugrunde liegende Tat leugne. Flucht- und Missbrauchs­gefahr könnten deswegen nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Eine Perspektive für Lockerungen ergebe sich erst dann, wenn beim Betroffenen eine Verän­de­rungs­be­reit­schaft bestehe und er darüber hinaus von der bestehenden Leugnungs­haltung Abstand nehme. Nach der Bestätigung der Entscheidung der Justiz­voll­zugs­anstalt durch die zuständige Straf­voll­stre­ckungs­kammer des Landgerichts Kleve hat der Betroffene Rechts­be­schwerde eingelegt.

Justiz­voll­zugs­anstalt muss Regelungen des Vollzugsplans über Vollzugs­lo­cke­rungen neu fortschreiben

Die Rechts­be­schwerde des Betroffenen war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat den Vollzugsplan aufgehoben, soweit er dem Betroffenen Vollzugs­lo­cke­rungen versagt, und die Justiz­voll­zugs­anstalt angewiesen, die Regelungen des Vollzugsplans über Vollzugs­lo­cke­rungen neu fortzuschreiben. Die Justiz­voll­zugs­anstalt habe zwar - so das Oberlan­des­gericht unter Hinweis auf frühere Entscheidungen - einen Beurtei­lungs­spielraum bei der Prüfung, ob dem Betroffenen vollzugs­öffnende Maßnahmen aufgrund einer Flucht- oder Missbrauchs­gefahr zu versagen seien. Hierbei müsse sie aber von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgehen und alle für die Abwägung relevanten Umstände berücksichtigen. Zu diesem gehörten u.a. die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, etwaige frühere Straftaten, die Umstände und das Gewicht der Tat sowie die Tatmotivation, außerdem sein Verhalten und seine Persön­lich­keits­ent­wicklung im Vollzug.

Ausein­an­der­setzung mit Umständen für mögliche Vollzugs­lo­ckerung nicht ausreichend

Im vorliegenden Fall lasse die Begründung der Justiz­voll­zugs­anstalt eine über die Berück­sich­tigung der Leugnungs­haltung des Betroffenen hinausgehende Ausein­an­der­setzung mit den für die Abwägung bedeutsamen Umständen vermissen. In Bezug auf das vom Betroffenen geleugnete Tatgeschehen sei zudem zu berücksichtigen, dass die Tat nicht auf einem impulsiven Durchbruch oder einer spontanen aggressiven Reaktionen heraus begangen worden sei, sondern sich in einer konstituierend zuspitzenden Situation über längere Zeit mit einer länger dauernden Tatplanung und Tatausführung entwickelt habe. Aus welchem Grund das Leugnen einer derartigen Tatausführung - angesichts bereits beanstan­dungsfrei erfolgter Ausführungen des Betroffenen - eine Flucht- und/oder Missbrauchs­gefahr begründen könne, lasse sich den Erwägungen der Justiz­voll­zugs­anstalt nicht entnehmen. Die Justiz­voll­zugs­anstalt habe daher den fehlerhaften Teil des Vollzugsplans neu fortzuschreiben.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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