21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamburg Urteil28.09.2018

Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits­rechts: Sigmar Gabriel steht Unterlassungs­anspruch gegen Verkauf von Minia­tur­holz­galgen zuAussagegehalt des Galgens geht weit über Kritik an Flücht­lings­politik der Bundesregierung und Tätigkeit Gabriels hinaus

Das Landgericht Hamburg hat der Unter­las­sungsklage des SPD-Politikers Sigmar Gabriel gegen den Verkauf von Minia­tur­holz­galgen mit der Beschriftung „"Reserviert - Sigmar 'Das Pack' Gabriel" stattgegeben. Nach der Entscheidung des Gerichts verletzt der Verkauf der Galgen, die der beklagte Betreiber eines Online-Shops im Internet angeboten hatte, das allgemeine Persönlichkeits­recht Gabriels. Der Aussagegehalt des Galgens gehe weit über eine Kritik an der Flücht­lings­politik der Bundesregierung und an der politischen Tätigkeit Gabriels hinaus.

Im Vordergrund stehe insbesondere ein unmittelbarer Angriff auf die Person Gabriels, dessen Hinrichtung als Volksverräter gefordert werde. Durch diese Herabwürdigung in Anspielung auf Todesurteile des Volks­ge­richtshofs während der NS-Zeit werde ihm der personale Wert schlechthin abgesprochen. Das müsse Gabriel auch als ehemaliger Spitzen­po­litiker nicht hinnehmen, so dass ihm der mit seiner Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe.

Sachverhalt

Der beklagte Online-Händler des zugrunde liegenden Falls hatte die etwa 35cm hohen Miniaturgalgen bis Ende 2017 über das Internet als handgefertigtes "Original vom Original - bestens bekannt aus Funk und Fernsehen" zum Preis von 29,95 Euro zum Kauf angeboten. Wie bei dem Holzgalgen, den ein Teilnehmer auf einer Pegida-Demonstration im Jahr 2015 in die Öffentlichkeit getragen hatte, sind an dem Miniaturgalgen zwei Stricke angebracht, die jeweils mit einem Schild beschriftet sind: Der vordere mit den Worten "Reserviert- Angela 'Mutti' Merkel" und der hintere mit den Worten "Reserviert- Sigmar 'Das Pack' Gabriel". Das Holzgestell trägt auf der Innenseite die Inschrift "VOLKSVERRÄTER", auf der Außenseite ist dieses mit dem Wort "DEUTSCH-LAND" beschriftet. In der Produkt­be­schreibung heißt es: "Der abgebildete Galgen hat sarkastischen Charakter und soll kein Aufruf zum Mord oder anderen Straftaten darstellen".

Sachbezogene Ausein­an­der­setzung mit Flücht­lings­politik tritt durch massive Herabsetzung der Person des Klägers völlig in den Hintergrund

Der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamburg, mit der das Gericht eine im Dezember 2017 ergangene einstweilige Verfügung bestätigt hat, liegt eine Abwägung zwischen der Meinungs­freiheit und dem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht des Klägers zugrunde. Die Kritik des Beklagten an der Flücht­lings­politik der Bundesregierung, insbesondere an der "Grenzöffnung" im September 2015, und an der Rolle des Klägers als damaliger Bundesminister und Vizekanzler sei zwar für sich genommen von der Meinungs­freiheit geschützt. Auch beziehe sich die Beschriftung des hinteren Stricks erkennbar auf eine Äußerung des Klägers, mit der er die Teilnehmer der Demonstrationen in Heidenau als "Pack" bezeichnet habe. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass der Kläger ein ehemaliger Spitzen­po­litiker ist. Die Gestaltung des Galgens gehe jedoch weit darüber hinaus, indem - ungeachtet der Produkt­be­schreibung - nicht nur der Tod des Klägers gebilligt, sondern seine Hinrichtung befürwortet werde. Die Aufschrift "Volksverräter" sei als Anspielung auf die Prozesse vor dem Volks­ge­richtshof während der Zeit des Natio­nal­so­zi­a­lismus zu verstehen. In Verbindung mit dem Galgen komme zum Ausdruck, dass der Beklagte es wegen des "Verrates" am deutschen Volke für gerechtfertigt halte, dass der Kläger unter besonderer Bloßstellung und Herabwürdigung seiner Person angeprangert und auf martialische Weise hingerichtet werde. Gegenüber dieser massiven Herabsetzung der Person des Klägers trete die sachbezogene Ausein­an­der­setzung mit der Flücht­lings­politik der Bundesregierung und der Verant­wort­lichkeit des Klägers als Vizekanzler völlig in den Hintergrund. In die Abwägung sei weiterhin einzustellen, dass streit­ge­gen­ständlich der Verkauf des Galgens mit Gewinn­er­zie­lungs­in­teresse sei. Nicht durchgreifend sei auch das Argument, dass der Kläger Dritte als "Pack" bezeichnet habe, da selbst nach dem Beklag­ten­vortrag dies in Bezug auf gewalttätige Ausschreitungen erfolgte.

Galgen stell keine Äußerung satirischer Art dar

Nach Ansicht der Oberlan­des­ge­richts kann sich der Beklagte weder auf die Kunstfreiheit noch auf den besonderen Schutz der Satire als Äußerungsform berufen. Der Galgen verkörpere den dargestellten Aussagegehalt unmittelbar und stelle keine Äußerung satirischer Art dar. Satiretypische Gestal­tungs­merkmale wie Übertreibungen, Verfremdungen oder Überhöhungen seien nicht zu erkennen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamburg/ra-online

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