18.10.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 26413

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Urteil05.09.2018Oberlandesgericht Frankfurt am Main7 U 25/16
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil29.01.2016, 2-08 O 233/15
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil05.09.2018

KFZ-Versi­che­rungs­schutz für Verbissschäden durch MäusebefallBereich zwischen Außenhaut und Innen­raum­verkleidung eines Fahrzeugs gehört nicht zum unversicherten Innenraum

Nimmt ein Versicherer Bissschäden im Fahrzeu­gin­nenraum vom Versi­che­rungs­schutz aus, bezieht sich dies allein auf die Fahrgastzelle und den Kofferraum. Für Bissschäden im Bereich zwischen der Außenhaut und der Innen­raum­verkleidung hafte der Versicherer dagegen. Dies entschied das Oberlandgericht Frankfurt am Main.

Das klägerische Fahrzeug ist bei der Beklagten teilkas­ko­ver­sichert. In den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der beklagten Versicherung heißt es in Ziff. A.2.2.7: "Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden am Fahrzeu­gin­nenraum sind vom Versi­che­rungs­schutz ausgeschlossen [...]".

Sachver­ständiger bestätigt durch Nagetiere herbeigeführte Schäden

Im Frühjahr 2014 ließ der Kläger das versicherte Fahrzeug in einer Werkstatt überprüfen. Es wurde festgestellt, dass die Wasserabläufe des Panoramadaches zerbissen, der Kopfairbag auf der Beifahrerseite angefressen und hinter dem Armaturenbrett starke Bissschäden an der Dämmung und an der Isolierung der Verkabelung vorhanden waren. Ein Sachver­ständiger bestätigte weitere Schäden hinter diversen seitlichen Verklei­dungs­teilen, oberhalb des Dachhimmels und unterhalb des Bodenbelags. Er führte sie eindeutig auf Nagetiere - wahrscheinlich Mäuse - zurück.

Versicherung verneint Leistungs­pflicht

Die Beklagte lehnte eine Leistungs­pflicht ab. Sie meinte, dass es sich um Schäden im Fahrzeu­gin­nenraum handele, die vom Versi­che­rungs­schutz ausgeschlossen seien. Der Kläger begehrt deshalb festzustellen, dass die Beklagte für die "Verbissschäden durch Mäusebefall" eintritts­pflichtig sei.

Schäden befinden sich nicht im Fahrzeu­gin­nenraum

Das Landgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main Erfolg. Es liege ein versicherter Schaden durch Tierbiss am Fahrzeug im Sinne der Ziff. A.2.2.7 S. 1 der Versicherungsbedingungen vor, stellte das Oberlan­des­gericht fest. Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innen­raum­ver­kleidung seien "am Fahrzeug" im Sinne von S. 1 der Klausel entstanden. Damit sei nicht nur die Außenhülle des Autos gemeint, sondern das Fahrzeug als Ganzes. Von dieser Gesamtheit des Fahrzeugs nehme S. 2 der Klausel zwar den Fahrzeu­gin­nenraum aus. Die hier zu beurteilenden Schäden befänden sich indes nicht im Fahrzeu­gin­nenraum.

Zwischenraum hinter der Verkleidung gehört nicht zum Innenraum

Der Begriff des Fahrzeu­gin­nenraums sei dabei aus Sicht eines durch­schnitt­lichen Versi­che­rungs­nehmers auszulegen. Dieser würde davon ausgehen, dass der "Innenraum durch Fahrgastzelle und Kofferraum definiert wird", d.h. die durch Menschen "benutzbaren und zugänglichen" Bereiche. Als Innen­raum­schaden werde er all diejenigen Schäden werten, die er ohne Demontage des Fahrzeugs als Bisspuren qualifizieren könne, resümierte das Oberlan­des­gericht. Nicht zum Innenraum gehöre jedoch der Zwischenraum hinter der Verkleidung mit Lüftungs­ele­menten, Klimaanlage, Sicher­heits­ein­rich­tungen, Bordelektronik etc. und den entsprechenden Verkabelungen. Für dieses Verständnis spreche auch, dass der in S. 2 der Klausel enthaltene Risiko­aus­schluss für Innen­raum­schäden grundsätzlich eng auszulegen sei. Ein Risiko­aus­schluss dürfe grundsätzlich nicht weiter ausgedehnt werden, als es sein Sinn unter Beachtung des wirtschaft­lichen Zwecks erfordere. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass der Versi­che­rungs­schutz bei einem anderen Verständnis "in Anbetracht der in der mittel­eu­ro­pä­ischen Fauna vertretenen potenziellen Schadtiere und ihrer Bissge­wohn­heiten" praktisch "leer liefe". Tierbissschäden träten "vor allem im Motorraum an durchbissenen Kabeln auf".

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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