18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 28645

Drucken
Urteil27.02.2020Oberlandesgericht Frankfurt am Main6 U 219/19
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil18.09.2019, 3-8 O 68/19
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil27.02.2020

Werbung mit "perfekten Zähne" stellt unzulässiges Erfolgs­ver­sprechen darWerbung mit Erfolgs­ver­sprechen begründet Unterlassungs­anspruch

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein unzulässiges Erfolgs­ver­sprechen im Sinne des Heilmittelwerbe­gesetzes kann auch dann vorliegt, wenn die beworbene Wirkung "perfekte Zähne" zwar nicht vollständig objektivierbar ist, ihr jedoch jedenfalls ein objektiver Tatsachenkern zu entnehmen ist. Der Verbraucher ist bei Werbeaussagen von Ärzten aufgrund deren Heilauftrages wenig geneigt, von reklamehaften Übertreibungen auszugehen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien sind Kiefer­or­thopäden. Sie streiten im Eilverfahren um Werbeaussagen der Antragsgegnerin. Diese bewirbt ein Zahnschienen-System auf ihrer Homepage u.a. mit den Aussagen: "x ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim 1. Termin, welche Ergebnisse sie innerhalb von sechs Monaten erreichen können." "... man (erhält) 14 Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils zwei Wochen trägt, jede Schiene ist anders und unverändert ihre Zähne Schritt für Schritt... Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln." Die Antragstellerin hält diese Angaben für unzulässig. Das Landgericht hat ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt.

Anspruch auf Unterlassung aufgrund unzulässiger Werbeaussage

Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Dem Antragsteller stehe ein Unterlassungsanspruch zu, da die Antragsgegnerin mit den Aussagen fälschlich den Eindruck erwecke, dass "ein Erfolg der beworbenen Behandlung mit Sicherheit erwartet werden kann." Gemäß § 3 S. 2 Nr. 2 a HWG sei es unzulässig, durch Werbeaussagen den Eindruck hervorzurufen, dass ein bestimmter Erfolg "sicher" eintrete. Hintergrund dieser Regelung sei, "dass es aufgrund individueller Disposition beim einzelnen Patienten... stets zu einem Thera­pie­versagen kommen kann, mit dem eine Erfolgsgarantie unvereinbar ist".

Werbeaussage enthält objektiven Tatsachenkern mit Erfolgs­ver­sprechen

Ausgehend vom Verständnis eines durch­schnitt­lichen Werbeadressaten habe die Antragsgegnerin durch die Werbung mit "perfekten Zähnen" unzulässig einen Behand­lungs­erfolg versprochen. Die Angabe "perfekte Zähne" sei kein reines subjektives Werturteil. "Zwar mag die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar sein", konstatiert das OLG. Offensichtlich aber gehe es hier um die Korrektur von Zahnfehl­stel­lungen. "Der Umstand, ob Zähne gerade sind oder nicht, lässt sich durchaus vom Standpunkt eines objektiven Betrachters beurteilen und wird in der Werbung auch fotografisch dargestellt," führt das OLG weiter aus. Damit enthalte die Werbeaussage einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhalte.

Verbraucher gehen bei ärztlichen Werbeangaben nicht von reklamehafter Übertreibung aus

Der angesprochene Verkehr verstehe das Werbe­ver­sprechen der Perfektion im hier gegebenen Kontext auch nicht als bloße reklamehafte Übertreibung. Zwar sei dem Verbraucher geläufig, dass Superlative in der Werbung oft nur als Anpreisungen und nicht als Tatsa­chen­be­hauptung verwendet werden. Dies könne hier jedoch nicht angenommen werden, da es sich um den Werbeauftritt einer Ärztin handele. Bei Werbemaßnahmen und Inter­ne­t­auf­tritten von Ärzten bestehe eine andere Verkehr­s­er­wartung als bei Werbemaßnahmen "normaler" Unternehmen. Der Verbraucher bringe Ärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen und gehe daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Folglich sei er weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. "Er nimmt die Angaben in Zweifel ernst", resümiert das OLG.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil28645

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI