21.11.2024
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Dokument-Nr. 28881

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Beschluss23.06.2020Oberlandesgericht Frankfurt am Main26 Sch 1/20
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss23.06.2020

OLG Frankfurt am Main: Verein haftet für PyrotechnikHaftung eines Fußballvereins verstößt nicht gegen allgemeine Grundsätze der öffentlichen Ordnung

Das Ständige Schiedsgericht stellt ein die ordentliche Gerichtsbarkeit ausschließendes Schiedsgericht dar. Die Haftung eines Fußballvereins für das Abbrennen von Pyrotechnik seiner Anhänger verstößt nicht gegen allgemeine Grundsätze der öffentlichen Ordnung. Der Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichts, der im Ergebnis eine gegen die Antragstellerin verhängte "Geldstrafe" wegen des Abbrennens von Pyrotechnik durch ihre Anhänger bestätigt hatte, ist nicht aufzuheben, beschloss das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG).

Die Antragstellerin ist die Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena. Ihre erste Männer­mann­schaft spielt in der vom DFB, dem Antragsgegner, als Profiliga ausgerichteten 3. Liga. Zwischen den Parteien besteht ein Schieds­ge­richts­vertrag. Im Sommer 2018 wurden bei drei Spielen im Jenaer Fanblock pyrotechnische Gegenstände (bengalische Feuer/Fackeln, Nebeltöpfe) abgebrannt.

Sportgericht verhängt Geldbuße gegen Fußballverein für Fan-Pyrotechnik

Das DFB-Sportgericht belegte im Herbst 2018 die Antragstellerin wegen unsportlichen Verhaltens ihrer Anhänger mit einer "Geldstrafe" in Höhe von knapp 25.000 €. Die hiergegen von der Antragstellerin eingelegte Berufung zum DFB-Bundesgericht blieb ohne Erfolg. Die Antragstellerin erhob sodann "Klage" gegen den DFB vor dem Ständigen Schiedsgericht für die 3. Liga. Sie beantragte festzustellen, dass der Schiedsvertrag zwischen den Parteien unwirksam sei; hilfsweise begehrte sie, das Urteil des DFB-Bundesgerichts aufzuheben und den Antrag auf Bestrafung der 2 Antragstellerin abzuweisen. Das Schiedsgericht wies diesen Antrag ab. Vor dem OLG begehrte die Antragstellerin nunmehr die Aufhebung des Schiedsspruchs.

Parteien haben wirksame Schieds­ge­richts­ver­ein­barung getroffen

Dieser Aufhe­bungs­antrag hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das OLG stellte fest, dass die Parteien wirksam eine Schieds­ge­richts­ver­ein­barung getroffen hätten. Das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga sei ein echtes Schiedsgericht, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen worden sei. Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht stelle eine "unabhängige und neutrale Instanz" dar. Da die Parteien paritätischen Einfluss auf die Besetzung des entscheidenden Spruchkörpers hätten, sei insbesondere von einer unabhängigen Instanz auszugehen.

Schieds­ge­richts­vertrag stellt keinen Verstoß gegen kartell­rechtliche Missbrauchs­verbot dar

Der Schieds­ge­richts­vertrag sei auch wirksam. Es liege kein Verstoß gegen das kartell­rechtliche Missbrauchs­verbot vor. Selbst wenn man unterstellte, dass der DFB den Abschluss einer Schieds­ver­ein­barung verlange, wäre ein solches Verlangen jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe sich dem Schieds­ge­richts­vertrag freiwillig unterworfen und damit auf den Justi­z­ge­wäh­rungs­an­spruch verzichtet. Der Abschluss eines Schieds­ge­richts­ver­trages sei gemäß dem DFB-Statut kein zwingendes rechtliches Erfordernis für die Zulassung zur 3. Liga gewesen.

Verbandss­tra­fen­haftung durch verfas­sungs­rechtlich verbürgte Verei­ni­gungs­freiheit legitimiert

Auch der Einwand der Antragstellerin, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil seine Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, welches der öffentlichen Ordnung widersprechen würden, ist nach Ansicht des OLG nicht stichhaltig. Insbesondere verstoße, so das OLG, die in § 9 a der Rechts- und Verfah­rens­ordnung des DFB geregelte Verbandss­tra­fen­haftung nicht gegen den ordre public. Über diese Vorschrift würde dem Verein zwar "schuldhaftes Verhalten der Anhänger des Vereins und der Personen, die sich in seinem Geschäfts- und Gefahrenkreis aufhalten" zugerechnet. Diese Verbandss­tra­fen­haftung sei aber durch die verfas­sungs­rechtlich verbürgte Verei­ni­gungs­freiheit legitimiert. Sie entspreche zudem dem im deutschen Recht bekannten Institut der Gefähr­dungs­haftung.

Begriff des "Anhängers" auch hinreichend konkret;

So hafte etwa der Kraft­fahr­zeug­halter unabhängig davon, wer gefahren sei. Dieser Gedanke sei auf Sportvereine übertragbar: "Aus der verbands­rechtlich ermöglichten Teilnahme am Spielbetrieb erwachsen ihnen finanzielle Vorteile, so dass umgekehrt ein verbands­recht­liches Einstehen für aus dieser Teilnahme erwachsene Gefahren nicht unbillig ist", resümiert das OLG. Dabei sei der Begriff des "Anhängers" auch hinreichend konkret; es werde "etwa auf die Positionierung der betreffenden Person im Stadion oder das Tragen von Trikots, Schals oder ähnlichen Kleidungs­stücken, die auf einen bestimmten Verein hindeuten, abgestellt".

Quelle: Oberlandgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ku)

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