18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30054

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil09.03.2021

Abruptes Abbremsen aufgrund des unverschuldeten Auslösens des Notfallbrems­assistenten wiegt weniger schwer als ein erheblich zu geringer Sicher­heits­abstandHaftungs­ver­teilung von 2/3 zu 1/3 zugunsten der Klägerin

Löst sich auf der Autobahn unverschuldet während freier Fahrt der Notfallbrems­assistent eines vorausfahrenden Fahrzeugs und fährt der nachfolgende LKW ohne Einhaltung des nach § 4 Abs. 3 StVO gebotenen Sicher­heits­ab­stands von mindestens 50 m auf das abrupt abgebremste Fahrzeug auf, überwiegt der Haftungsanteil des nachfolgenden LKW. Die unbegründete und erhebliche Unterschreitung des Sicher­heits­ab­stands ist auf ein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen, während das vorausfahrende Fahrzeug aufgrund eines technischen Versagens abgebremst wurde. Dies rechtfertige eine Haftungs­ver­teilung von 2/3 zulasten.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall auf der A5 Richtung Kassel/Hannover zwischen der Anschlussstelle Frankfurt am Main, Westhafen und dem Westkreuz Frankfurt in Anspruch. Die Klägerin fuhr vor dem Beklag­ten­fahrzeug, einem Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen. Während ihrer Fahrt löste sich der Notfa­ll­brem­sas­sistent. Der Beklagte konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und kollidierte mit dem klägerischen Fahrzeug. Das Landgericht hatte der Klägerin 1/3 des geltend gemachten Schadens zugesprochen. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das OLG sprach der Klägerin nunmehr 2/3 ihres Schadens zu.

Mitverschulden durch zu geringen Sicher­heits­abstand

Das OLG sprach der Klägerin nunmehr 2/3 ihres Schadens zu. Bei dem erforderlichen Haftungs­aus­gleich zwischen den Beteiligten sei, so das OLG, zu berücksichtigen, dass der Unfall durch das Beklag­ten­fahrzeug mitverursacht worden sei. Dieses habe aufgrund des zu geringen Sicher­heits­ab­stands zum vorausfahrenden klägerischen Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen können. Angesichts der Größe des Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t hätte gem. § 4 Abs. 3 StVO auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ein Mindestabstand von 50 m eingehalten werden müssen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h betrage. Sachverständig geklärt sei, dass dieser Sicherheitsabstand hier trotz der gefahrenen Geschwindigkeit nicht eingehalten worden sei.

Technisches Versagen des Notfa­ll­brem­sas­sis­tenten wiegt geringer als Verstoß gegen den Sicher­heits­abstand

Die Klägerin müsse sich als Verur­sa­chungs­beitrag vorwerfen lassen, dass sie ihr Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke abrupt abgebremst habe. Die gebotene Abwägung dieser beiderseitigen Verur­sa­chungs­beiträge führe zu einer Haftungs­ver­teilung von 2/3 zu Lasten der Beklagten und 1/3 zu Lasten der Klägerin. Hinsichtlich des LKW-Fahrers sei von einem Verschulden auszugehen, da der erforderliche Sicher­heits­abstand ohne zwingende Gründe um etwa 30 % unterschritten worden sei. Das abrupte Abbremsen der Klägerin sei dagegen unstreitig auf das Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeugs zurückzuführen, so dass sie kein Verschulden treffe.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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