21.11.2024
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Dokument-Nr. 13508

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main sonstiges16.05.2012

OLG Frankfurt am Main erlässt Musterentscheid: Kein Schadensersatz für Telekom-AktionäreGericht verneint Fehler im Prospekt der Telekom anlässlich des dritten Börsengangs

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat in einem Kapitalanleger-Musterverfahren Fehler im Prospekt der Telekom anlässlich des 3. Börsengangs per Musterentscheid verneint. Die Telekom-Aktionäre haben somit keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Im zugrunde liegenden Streitfall rügten die Telekom-Aktionäre Fehler im Prospekt der Telekom anlässlich des 3. Börsengangs (DT 3). Die Hauptaspekte, mit denen die Kläger Unrichtigkeiten des Prospekts bemängelten, waren:

- der Erwerb des amerikanischen Mobil­fun­k­un­ter­nehmens Voicestream,

- die Darstellung zu den Immobilien der Telekom,

- die Vorgänge um die konzerninterne Übertragung der Aktien an dem amerikanischen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen Sprint,

- die Übernahme der Prospekthaftung durch die Telekom und schließlich

- das Bestehen einer sog. Eventu­a­l­ver­bind­lichkeit (Ansprüche von Anlegern aus dem vorherigen Börsengang).

Die Darstellung im Prospekt zu diesen Punkten hat das Oberlan­des­gericht im Ergebnis nicht beanstandet.

Erwerb von Voicestream stand zum Zeitpunkt des Börsengangs noch nicht fest

Bezüglich des Erwerbs der Anteile an Voicestream konnte sich das Oberlan­des­gericht nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, bei der 20 Zeugen - u.a. in den USA - vernommen wurden, nicht davon überzeugen, dass der Erwerb schon zu einem Zeitpunkt feststand, als er in dem Prospekt oder einem Nachtrag noch hätte kommuniziert werden müssen. Nach den Angaben der Zeugen, zu denen auch die ehemaligen Vorstands­vor­sit­zenden der Telekom Dr. Ron Sommer und Kai-Uwe Ricke gehörten, war erst Ende Juli 2000, mithin deutlich nach der Erstnotiz am 19. Juni 2000, das Geschäft abschließend und entschei­dungsreif verhandelt. In der Zeit vorher hatte die Telekom zunächst einen anderen Schwerpunkt gesetzt. Auch waren die ab Anfang Juli 2000 beginnenden Verhandlungen stets vom Scheitern bedroht, da verschiedene Aspekte der Übernahme erst zum Schluss geklärt werden konnten.

Bewertung und Darstellung der Immobilien der Telekom im Prospekt entsprachen der damaligen Gesetzeslage

In der Bewertung der Immobilien der Telekom sowie der entsprechenden Darstellung im Prospekt sah das Oberlan­des­gericht gleichfalls keine Unrichtigkeiten. So entsprach die Bewer­tungs­methode, das so genannte Cluster-Verfahren, bei dem nicht jede einzelne von mehreren tausend Immobilien bewertet wurde, sondern diese zu Bewer­tungs­ein­heiten zusammengefasst wurden, der damaligen Gesetzeslage. Auch die Anwendung dieses Bewer­tungs­ver­fahrens hat nach Ansicht des Oberlan­des­gericht zu keinen rechtlich relevanten Abweichungen geführt, da eine gewisse Spannbreite in der Wertermittlung - gerade bei der Vielfalt der von der Telekom gehaltenen Immobilien - unvermeidlich und daher zulässig sei. Auch über die Anwendung dieses Verfahrens habe im Prospekt nicht ausdrücklich berichtet werden müssen, da die Methode als solche gesetzlich zulässig gewesen sei und eine entsprechende Information für den Anleger mit keinem Wissensgewinn verbunden gewesen wäre.

Konzerninterne Übertragungen von Anteilen am amerikanischen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen Sprint hinreichend deutlich erläutert

Die konzerninterne Übertragung der Anteile an dem amerikanischen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen Sprint war nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts ebenfalls in hinreichender Deutlichkeit im Prospekt erläutert. Unklare Formulierungen dazu an einer Stelle wurden an einer anderen Stelle des Prospekts in ausreichender Weise klargestellt. Auch die Bestimmung des Werts der Aktien, die die Ausweisung eines höheren Gewinns der Telekom ermöglichte, sei nicht zu beanstanden gewesen.

Anleger durch Angaben zur Übernahme der Prospekthaftung nicht im Unklaren gelassen

Soweit die Telekom in dem Prospekt die Haftung für Fehler desselben übernommen hatte, hat sich das Gericht mit der Frage beschäftigt, ob dies einer besonderen Erwähnung im Prospekt bedurft hätte, und zwar im Hinblick auf die Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs vom 31. Mai 2011 wonach diese Übernahme ohne eine Kompensation durch Bund bzw. Kreditanstalt für Wiederaufbau als aktienrechtlich unzulässig angesehen wurde. Diese Frage hat das Gericht jedoch verneint, da sich aus dem Prospekt diese Haftungs­übernahme ergebe und der Anleger nicht darüber im Unklaren gelassen werde, dass die Telekom zunächst allein und in vollem Umfang hafte. Ob ein Rückgriffs­an­spruch gegen Dritte bestehe, sei dagegen nicht in den Prospekt aufzunehmen.

Die Rüge der Kläger, aus dem 2. Börsengang der Telekom möglicherweise bestehende Prospekt­haf­tungs­ansprüche hätten im Prospekt für den 3. Börsengang (DT 3) dargestellt werden müssen, hat das Gericht ebenfalls für nicht durchgreifend erachtet. Insoweit sei aus Rechtsgründen eine entsprechende Darstellung nicht geboten, was auch für die Frage gelte, ob in dem Prospekt über kurz vor Erscheinen desselben eingeleitete Ermitt­lungs­ver­fahren gegen Verantwortliche der Telekom hätte berichtet werden müssen.

Gericht verneint Schaden­s­er­satz­ansprüche aus delikts- oder strafrechtlich relevantem Verhalten

Das Gericht hat sich schließlich auch mit der Frage beschäftigt, ob gegen die Telekom aus einem delikts- oder strafrechtlich relevanten Verhalten Schaden­s­er­satz­ansprüche bestehen und dies verneint.

Zur Hemmung der Verjährung von Schaden­s­er­satz­ansprüchen gestellte Schlich­tungs­anträge vom Gericht nicht per se als rechts­miss­bräuchlich bewertet

Neben diesen Hauptfragen waren nach dem Vorla­ge­be­schluss auch diverse Aspekte zu Verjäh­rungs­fragen zu beantworten. Hier hat das Oberlan­des­gericht eine Reihe von Feststellungen getroffen, die sich schwer­punktmäßig mit der Anrufung der Öffentlichen Rechtsauskunfts- und Vergleichs­stelle Hamburg (ÖRA) befassen. Dort haben eine Vielzahl von Anlegern zur Hemmung der Verjährung ihrer Schaden­s­er­satz­ansprüche entsprechende Schlich­tungs­anträge gestellt, was das Gericht nicht per se als rechts­miss­bräuchlich bewertet hat, auch wenn es durch die große Anzahl der Anträge zu einer faktischen Blockade der ÖRA gekommen ist.

Weitere Fragen, die vom Oberlan­des­gericht ebenfalls entschieden wurden, betrafen die Wirkung der Werbemaßnahmen der Telekom für die Aktie und deren Auswirkung auf den Verständ­nis­ho­rizont des Anlegers bezüglich des Prospektinhalts. Das Gericht hat hier seine Entscheidung ausdrücklich auf das Jahr des Börsengangs (2000) bezogen und auf einen Anleger abgestellt, der Bilanz­kenntnisse hat.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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