Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss18.03.2011
Mutter wegen Entziehen ihres Sohnes von der Schulpflicht zu Freiheitsstrafe verurteiltMildere und zielorientiertere Maßnahmen zur Sicherstellung der Teilnahme am Schulunterricht erfolglos
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Mutter eines schulpflichtigen Jungen wegen hartnäckigen Entziehens ihres Sohnes von der Schulpflicht zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung - die gesetzlich mögliche Höchststrafe - verurteilt.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die von ihrem Ehemann getrennt lebende Angeklagte ihren minderjährigen schulpflichtigen Sohn im Zeitraum November 2008 bis Februar 2009 an insgesamt 37 einzelnen Tagen erneut nicht zur Schule geschickt. Der Sohn stand zu diesem Zeitpunk auf dem Wissenstand eines Sonderschülers der 4. Klasse, obwohl er altersgemäß die 9. Klasse hätte besuchen müssen. Schon seit 2004 war es immer wieder dazu gekommen, dass er die meiste Zeit nicht in die Schule ging. Die Angeklagte war daraufhin zunächst zu Geldstrafen und im September 2008 zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, ohne dass dies zu einer Verhaltensänderung führte.
Eltern müssen Teilnahme der Kinder am Schulunterricht sicherstellen
In seinem Beschluss, mit dem die Revision der Angeklagten verworfen wurde, führte das Oberlandesgerichts aus, dass die Angeklagte sich eines vorsätzlichen Vergehens nach § 182 Hessisches Schulgesetz schuldig gemacht habe. Die allgemeine Schulpflicht diene dem Schutz des Kindes in Bezug auf sein Recht auf Bildung und die Heranbildung zu einem verantwortlichen Staatsbürger. Dieser Schutz werde durch den staatlichen Erziehungsauftrag gewährleistet, konkret durch die allgemeine Schulpflicht, die das elterliche Erziehungsrecht in zulässiger Weise beschränke. Danach sei es die strafbewehrte Pflicht der Eltern, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder am Schulunterricht teilnehmen könnten. Versagten die Eltern ihrem Kind die Teilnahme am Unterricht, liege hierin ein aktiver Verstoß gegen die Schulpflicht.
Verhängung der gesetzlich möglichen Höchststrafe gerechtfertigt
Im vorliegenden Fall sei die Verhängung der gesetzlich möglichen Höchststrafe gerechtfertigt, weil im Vorfeld mildere und zielorientiertere Maßnahmen zur Sicherstellung der Teilnahme am Schulunterricht - wie z.B. der teilweise Sorgerechtsentzug - versucht worden seien, aber nicht zum Erfolg geführt hätten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.04.2011
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online