18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil22.06.2022

Hälftige Haftung bei Unfall auf Parkplatz eines BaumarktesBei Fahrgassen eines Bauma­rkt­pa­rk­platzes gilt nicht die "rechts vor links"- Regel

Auf Fahrgassen eines Parkplatzes, die vorrangig der Parkplatzsuche dienen und nicht dem fließenden Verkehr, gilt nicht die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Die Fahrer sind vielmehr verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem anderen Fahrer zu suchen. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat eine hälftige Haftungsquote für die Unfallfolgen auf einem Parkplatz eines Baumarktes ausgesprochen.

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Der Unfall ereignete auf dem Parkplatz eines Baumarktes in Wiesbaden. Der Betreiber hatte die Geltung der StVO angeordnet. Auf die zur Ausfahrt des Parkplatz­ge­ländes führende Fahrgasse münden von rechts mehrere Fahrgassen ein. Der Beklagte befuhr eine dieser von rechts auf die Ausfahrt­fahrgasse einmündenden Fahrgassen, an deren beiden Seiten sich im rechten Winkel angeordnete Parkboxen befanden. Auch die zur Ausfahrt führende Fahrgasse verfügt im linken Bereich über Parkboxen. Im Einmün­dungs­bereich der Fahrgassen kam es zum Zusammenstoß mit dem klägerischen Fahrzeug. Das Landgericht hat der Klage auf Basis einer Haftung des Beklagten i.H.v. 25 % stattgegeben.

OLG: Beteiligte haften zu je 50 Prozent

Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers führte zu einer Abänderung der Haftungsquote auf 50 %. Maßgeblich für die Höhe der Schaden­s­er­satz­ver­pflichtung des Beklagten sei, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sei, betonte das OLG. Die Verur­sa­chungs­beiträge der Fahrer der unfall­be­tei­ligten Fahrzeuge seien hier als gleichgewichtig anzusehen und der durch den Unfall verursachte Schaden zu teilen. Der Beklagte könne nicht geltend machen, dass sein Vorfahrtsrecht verletzt wurde. Zwar seien die Regeln der Straßen­ver­kehrs­ordnung auf öffentlich zugänglichen Privat­pa­rk­plätzen wie hier grundsätzlich anwendbar. Fahrgassen auf Parkplätzen seien jedoch keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen und gewährten deshalb keine Vorfahrt. „Kreuzen sich zwei dem Parkplatz­such­verkehr dienende Fahrgassen eines Parkplatzes..., gilt für die herannahenden Fahrzeugführer das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme..., d.h. jeder Fahrzeugführer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jemals anderen Fahrzeugführer zu suchen“, unterstreicht das OLG.

Vorfahrtsrecht gilt nur bei Fahrspuren mit eindeutig und unmiss­ver­ständlich Straßen­cha­rakter

Etwas Anderes gelte nur, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig und unmiss­ver­ständlich Straßen­cha­rakter hätten und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergebe, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienten, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge. Für einen solchen Straßen­cha­rakter könne etwa die Breite der Fahrgassen sprechen oder auch bauliche Merkmale einer Straße wie Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben. Derartige straßentypische bauliche Merkmale fehlten hier. Die Fahrgassen dienten ersichtlich nicht dem fließenden Verkehr, da an ihnen jeweils Parkboxen angeordnet waren. Da es am Straßen­cha­rakter auch für die vom Klägerfahrzeug befahrene Fahrgasse fehle, habe der Beklagte auch nicht die hohen Sorgfalts­an­for­de­rungen beim Einfahren auf eine Fahrbahn (§ 10 StVO) erfüllen müssen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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