23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 32557

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Urteil22.11.2022BundesgerichtshofVI ZR 344/21
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Lübeck, Urteil06.10.2020, 26 C 509/19
  • Landgericht Lübeck, Urteil16.09.2021, 14 S 136/20
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.11.2022

BGH: Vorfahrtsregel "rechts vor links" findet auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrts­re­gelung keine AnwendungVoraussetzung ist fehlender eindeutiger Straßen­cha­rakter der vorhandenen Fahrspuren

Die Vorfahrtsregel "rechts vor links" gilt auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrts­re­gelung nicht, es sei denn, die vorhandenen Fahrspuren weisen einen eindeutigen Straßen­cha­rakter auf. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf einem Parkplatz eines Baumarkts in Schleswig-Holstein kam es im August 2018 zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei Pkw. Die durch markierte Parkbuchten gekenn­zeichneten Parkflächen des Parkplatzes waren durch sich teilweise kreuzende, durch ihre Pflasterung nicht von den Parkbuchten abgehobene Fahrspuren erschlossen. Die Kollision ereignete sich an einer "Kreuzung". Eine Beschilderung zur Vorfahrtsregelung war nicht vorhanden. Es bestand nachfolgend Streit darüber, ob die Vorfahrts­re­gelung "rechts vor links" zu beachten war. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Lübeck verneinten dies. Nunmehr hatte der Bundes­ge­richtshof über den Fall zu entscheiden.

Keine Anwendung der Vorfahrts­re­gelung "rechts vor links"

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die sich aus § 8 Abs. 1 StVO ergebene Vorfahrts­re­gelung "rechts vor links" auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrts­re­gelung weder unmittelbar noch im Rahmen der Pflich­ten­kon­kre­ti­sierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung finde. Dies gelte nur dann nicht, wenn den vorhandenen Fahrspuren ein eindeutiger Straßen­cha­rakter zukomme.

Parkplatz regelmäßig keine Straße

Ein Parkplatz sei als Ganzes betrachtet keine Straße, so der Bundes­ge­richtshof, sondern eine Verkehrsfläche, die grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden darf. Parkflä­chen­ma­r­kie­rungen ändern daran nichts. Die auf Parkplätzen vorhandenen Fahrspuren dienen typischerweise nicht der möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs, was die Vorfahrts­re­gelung "rechts vor links" bezwecke. Vielmehr gehe es um die Erschließung der Parkmög­lich­keiten durch Eröffnung von Rangierräumen und der Ermöglichung von Be- und Entla­de­vor­gängen. Zudem werden die Fahrbahnen regelmäßig sowohl von Kraftfahrern als auch Fußgängern genutzt.

Annahme der Vorfahrts­re­gelung durch viele Verkehrs­teil­nehmer unerheblich

Für unerheblich hielt der Bundes­ge­richtshof den Umstand, dass in der Praxis wohl oft die Regel "rechts vor links" angewendet wird und viele Verkehrs­teil­nehmer von der Geltung dieser Regel ausgehen. Dies rechtsfertige nicht, dem von links kommenden eine höhere Sorgfalts­pflicht aufzuerlegen. Allerdings müsse auf Parkplätze damit gerechnet werden, das sich der von rechts kommende Kraftfahrer irrig für vorfahrts­be­rechtigt hält.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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