Dokument-Nr. 32461
Permalink https://urteile.news/
- Landgericht Frankfurt am Main, Urteil12.11.2021, 2/25 O 190/20
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil14.12.2022
Keine Bankgebühr allein für das Errechnen der VorfälligkeitsentschädigungErrechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens stellt vertragliche Nebenpflicht einer Bank dar
Das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens gehört - unabhängig von § 493 Abs. 5 BGB - zu den vertraglichen Nebenpflichten einer Bank gegenüber Verbrauchern. Die Bank darf dafür kein gesondertes Entgelt verlangen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat die beklagte Bank verurteilt, die Verwendung einer Klausel, mit der 100 € für die Errechnung verlangt wurden, zu unterlassen.
Die Beklagte betreibt eine Bank und bewirbt u.a. Verbraucherkredite. Nach ihrem Preisverzeichnis verpflichten sich private Darlehenskunden, eine Pauschale von 100 € zu zahlen, wenn die Bank für sie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens (Allgemeindarlehen oder eines vor dem 21. März 2016 abgeschlossenen Immobiliardarlehen) errechnen soll. Die Pauschale wird unabhängig davon fällig, ob es nachfolgend zur vorzeitigen Rückführung des Darlehens kommt. Sie wird - mit Ausnahme grundpfandrechtlich besicherter Darlehen - nicht auf eine im Fall vorzeitiger Rückführung tatsächlich zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung angerechnet. Der Kläger hält die Klausel für unwirksam. Das Landgericht hatte den Unterlassungsantrag insoweit abgewiesen.
Klausel stellt unangemessene Benachteiligung dar
Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Die Klausel sei unwirksam, entschied das OLG. Bei der Aufwandsentschädigung handele es sich um eine voll überprüfbare sog. Preisnebenabrede. Die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht vereinbar und benachteilige die Kunden unangemessen. Die Bank sei nebenvertraglich verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Höhe einer Vorfälligkeitsentscheidung bei vorzeitiger Rückführung zu informieren. Dies gelte unabhängig von den gesetzlich normierten Informationspflichten nach § 493 Abs. 5 BGB (anwendbar ab dem 21. März 2016 in Umsetzung der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie (RL 2014/17/EU)). Diese bezögen sich allein auf Immobiliardarlehensverträge.
Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für Bank nicht aufwendig
Der Darlehensnehmer habe grundsätzlich ein Informationsbedürfnis. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und beinhalte Rechenoperationen, die für den durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen seien. Die Bank könne dagegen die Entschädigung mithilfe eines Computerprogramms ohne großen Aufwand errechnen. Die Berechnung stelle damit keine zusätzliche Sonderleistung dar, die einer gesonderten Vergütung unterliege. Dies gelte unabhängig davon, ob es tatsächlich zur vorzeitigen Rückführung komme oder nicht.
Bank muss Verwaltungsaufwand hinnehmen
Die beanstandete Klausel weiche damit von dem Grundsatz ab, dass die Bank ohne gesondertes Entgelt ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Unterrichtung des Darlehensnehmers erfüllen müsse. Diese Abweichung indiziere eine unangemessene Benachteiligung der Darlehensnehmer. „Dass die jeweilige Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mit einem Verwaltungsaufwand ... einhergehen kann, hat diese nach der vertraglichen Abrede hinzunehmen“, ergänzt das OLG.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.12.2022
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil32461
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.