23.11.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 33545

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil20.11.2023

Verkehrsunfall mit einem Rettungswagen: Beide Parteien zahlen HälfteVerstoß gegen Sorgfalts­pflichten begründet Haftungs­ver­teilung bei Zusammenstoß eines Notarzt­einsatz­fahrzeugs mit bei grünem Licht querenden

Ein Rettungs­dienst­fahrer darf eine Kreuzung bei Rot nur überqueren, wenn er sich überzeugt hat, dass er von den anderen Verkehrs­teil­nehmern wahrgenommen wurde. Kommt es zur Kollision mit einem bei Grün querenden Fahrzeug, weil dessen Fahrer den Rettungswagen aus Unachtsamkeit übersehen bzw. überhört hat, kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht, bestätigte das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) mit seiner Entscheidung das angefochtene landge­richtliche Urteil.

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Das Fahrzeug der Klägerin und das Notarz­t­ein­satz­fahrzeug der Beklagten fuhren zeitgleich auf eine ampelgeregelte Kreuzung in Wetzlar zu. Die Ampel für das Klägerfahrzeug sprang auf Grün, die Ampel für das Einsatzfahrzeug zeigte zu dieser Zeit Rot. Da das vor dem Klägerfahrzeug stehende Fahrzeug trotz Grünlichts nicht anfuhr, wechselte der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs auf die linke Spur und fuhr in den Kreuzungs­bereich ein. Dort kollidierte er mit dem Einsatzwagen, welches mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn fuhr. Bei beiden Fahrzeugen entstanden Sachschäden. Die Klägerin begehrt 75 % des Schadens von der Beklagten. Das Landgericht hatte nach Beweisaufnahme eine hälftige Schadensteilung ausgeurteilt.

Verkehrs­si­cherheit stets vorrangig

Das OLG hat auf die Berufungen beider Parteien bestätigt, dass von einer Haftungsquote von 50 % zu 50 % auszugehen sei. Der Fahrer des Notarztwagens habe seine Sorgfalts­pflichten bei der Wahrnehmung von Sonderrechten verletzt. Zwar sei ein Fahrzeug des Rettungs­dienstes bei einer Einsatzfahrt von den Vorschriften der StVO befreit. Dennoch komme den Erfordernissen der Verkehrs­si­cherheit stets Vorrang gegenüber den Interessen des Einsatz­fahrzeugs am raschen Vorwärtskommen zu, führte das OLG aus. Je mehr der Sonder­rechts­fahrer von Verkehrsregeln abweiche, umso höhere Anforderungen seien an seine Sorgfalt einzuhalten. Er dürfe deshalb eine Kreuzung nur dann bei Rot überqueren, wenn er sich überzeugt habe, dass die anderen Verkehrs­teil­nehmer ihn wahrgenommen und sich auf seine Absicht eingestellt hätten. Solange bei einer querenden Straße mit mehreren Fahrspuren eine Fahrspur frei sei und nicht durch wartende Fahrzeuge blockiert werde, dürfe der Sonder­rechts­fahrer nicht darauf vertrauen, dass er die Kreuzung gefahrlos überqueren könne. „Es gibt nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung (...) keinen allgemeinen Vertrau­ens­grundsatz zugunsten des bevorrechtigten Fahrers, durch Einschaltung des Blaulichts und des Martinshorns seien die übrigen Verkehrs­teil­nehmer schon in ausreichender Weise gewarnt“, führte das OLG aus.

Nichtbeachtung von Sondersignale stellt erheblichen Verkehrsverstoß dar

Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs habe ebenfalls einen erheblichen Verkehrsverstoß begangen. Er habe nicht auf die Sondersignale des Einsatz­fahrzeugs geachtet. Er habe auch nicht beachtet, dass das vor ihm auf der rechten Spur stehende Fahrzeug mit Grund stehengeblieben sein könnte. „Ein umsichtiger Fahrer hätte zumindest eine unklare Verkehrslage angenommen und seine Fahrweise entsprechend eingerichtet“, begründet das OLG weiter. Angesichts des gleichwertigen Verursachungs- und Verschul­dens­beitrags habe das Landgericht von einer Haftungsquote von 50 % zu 50 % ausgehen dürfen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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