21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil28.04.2022

Kein Unterlassungs­anspruch gegen Boule­va­rd­zeitung wegen Äußerung zu Spionage-Aktivitäten eines russischen FernsehsendersAussage angesichts des Gesamt­zu­sam­menhangs stellt zulässige Meinung­s­äu­ßerung dar

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat eine Beschwerde der Betreiberin des deutschen Angebots eines russischen Fernsehsenders gegen einzelne Äußerungen in einem Artikel in einer Boule­va­rd­zeitung ganz überwiegend zurückgewiesen. So sei insbesondere die Aussage, dass sich der Fernsehsender an Spionage-Aktivitäten auf deutschem Boden beteilige, angesichts des Gesamt­zu­sam­menhangs als zulässige Meinung­s­äu­ßerung einzuordnen.

Die Antragstellerin betreibt das deutsch­sprachige Programmangebot eines russischen Fernsehsenders. Sie wendet sich gegen Äußerungen in einem von der Antragsgegnerin veröf­fent­lichten Artikel in einer deutschen Boule­va­rd­zeitung unter der Überschrift: "Kremlsender-Reporter gesteht in ... Ich sollte Nawalny ausspionieren". Das Landgericht hatte im Eilverfahren den auf Unterlassung zahlreicher Äußerungen gerichteten Antrag mit Ausnahme einer Aussage zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin blieb vor dem OLG überwiegend erfolglos.

Keine Verletzung des Unter­neh­mens­per­sön­lich­keits­rechts

Die Antragstellerin sei insbesondere nicht in ihrem Unter­neh­mens­per­sön­lich­keitsrecht rechtswidrig verletzt worden, soweit es in dem Artikel heiße: "Sie beteiligen sich auch an Spionage-Aktivitäten auf deutschem Boden", stellte das OLG fest. Zu Recht habe das Landgericht diese Aussage angesichts des maßgeblichen Gesamt­zu­sam­menhangs als Meinung­s­äu­ßerung eingeordnet. Dem Sinngehalt der Aussage entnehme der Durch­schnittsleser, dass die Antragstellerin am Ausspionieren von Nawalny während seines Kranken­haus­auf­ent­haltes in der Berliner Charité mitgewirkt haben soll. Der inhaltliche Schwerpunkt der Äußerung liege aber nicht auf konkreten, nachvoll­ziehbaren Vorgängen. Es überwiege vielmehr der Wertung­s­cha­rakter.

Eingriff in Geschäftsehre und soziale Anerkennung durch Schut­z­in­teressen der Antragsgegnerin gerechtfertigt

Der mit der Aussage verbundene Eingriff in die Geschäftsehre und soziale Anerkennung der Antragstellerin sei durch überwiegende Schut­z­in­teressen der Antragsgegnerin gerechtfertigt. Die Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz der sozialen Anerkennung der Antragstellerin und dem Schutz der Kommunikations- und Pressefreiheit der Antragsgegnerin gehe zu Gunsten der Antragsgegnerin aus. Der Artikel liefere einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, so dass bereits eine Vermutung für die Zulässigkeit spreche.

Anknüp­fung­s­tat­sachen gegeben

Diese Vermutung würde nur dann nicht gelten, wenn es keine Anknüp­fung­s­tat­sachen gebe. Hier seien jedoch der streit­ge­gen­ständ­lichen Berichterstattung entsprechende Anknüp­fung­s­tat­sachen insbesondere in Form von Chat-Beiträgen, zitierten Anweisungen an den Mitarbeiter und Aussagen des Mitarbeiters zu entnehmen. Diese aufgeführten einzelnen Umstände habe die Antragstellerin auch nicht bestritten. Soweit die Anzahl der an einem Chat teilnehmenden Personen unrichtig angegebenen worden war, hat das OLG einen Unterlassungsanspruch dagegen zugesprochen.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/cc)

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