18.10.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil01.11.2011

Perlentaucher.de - Abstracts zu Buchrezensionen können im Einzelfall gegen Urheberrecht verstoßenÜbernahme von besonders prägenden und ausdrucks­starken Passagen der Origi­na­l­re­zen­sionen stellten unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar

Eine komprimierte Wiedergabe von Buchrezensionen Dritter im Internet verstößt dann gegen das Urheberrecht, wenn die so genannten Abstracts mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucks­starken Passagen der Origi­na­l­re­zen­sionen bestehen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen werden. Abstracts dieser Art stellten eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main.

Die Klägerinnen des zugrunde liegenden Falls verlegen namhafte Tageszeitungen, in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Webseite "perlentaucher.de" Neuer­schei­nungen auf dem Buchmarkt vor und spricht Empfehlungen aus. Dabei veröffentlicht sie auch Buchrezensionen aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in komprimierter Fassung. Diese so genannten "Abstracts" werden von den Mitarbeitern der Beklagten formuliert, enthalten aber einzelne Zitate und Passagen aus den Origi­na­l­kritiken.

Klägerinnen sehen sich durch Veröf­fent­lichung der Abstracts in Urheberrechten verletzt

Die Klägerinnen halten dies für unzulässig und haben mit den vorliegenden Klagen in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts verlangt, hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter konkreter Abstracts. Nach Ansicht der Klägerinnen verletzen die Abstracts wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus den Origi­na­l­re­zen­sionen ihre Urheberrechte.

LG und OLG weisen Klage zunächst vollständig zurück

Das in erster Instanz zuständige Landgericht hatte die Klagen abgewiesen. Auch die dagegen eingelegten Berufungen hatten keinen Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main wies die Berufungen im Dezember 2007 zunächst vollständig zurück.

BGH: Urheberrechte der Klägerinnen durch Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall eventuell verletzt – OLG muss erneut prüfen

In der Revision bestätigte der Bundes­ge­richtshof am 1. Dezember 2010, dass die Klägerinnen kein generelles Verbot der Verwendung ihrer Buchrezensionen verlangen können. Es sei urheber­rechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusam­men­zu­fassen und diese Zusam­men­fas­sungen zu verwerten. Anders als die Vorinstanzen vertrat der Bundes­ge­richtshof aber die Auffassung, dass die Übernahme der Rezensionen im konkreten Einzelfall die Urheberrechte der Klägerinnen verletzten könnte. Der Bundes­ge­richtshof hob deshalb die Berufungs­urteile teilweise auf und wies das Oberlan­des­gericht an zu prüfen, ob die Verbreitung einzelner konkreter Abstracts der Beklagten das Urheberrecht der Klägerinnen verletzen.

OLG bejaht Urheber­rechts­ver­letzung in einigen konkreten Fällen

In den aktuellen Berufungs­ur­teilen kommt das Oberlan­des­gericht nunmehr zu dem Ergebnis, dass tatsächlich bestimmte Perlentaucher-Kritiken, die im Dezember 2004 erschienen waren und von den Klägerinnen konkret benannt werden, ihr Urheberrecht verletzten. Diese Abstracts bestünden mehr oder weniger aus einer Übernahme von besonders prägenden und ausdrucks­starken Passagen der Origi­na­l­re­zen­sionen, von denen lediglich einige Sätze ausgelassen worden seien. Sie stellten deshalb eine unzulässige "unfreie" Bearbeitung im Sinne des Urhebergesetzes dar und hätten ohne die Einwilligung der Klägerinnen nicht übernommen werden dürfen. In diesem - eingeschränkten - Umfang gab das Oberlan­des­gericht den Berufungen deshalb statt und änderte die voraus­ge­gangenen Urteile des Landgerichts ab.

Allgemeine Aussage über urheber­rechtlich zulässigen Umfang für Übernahme von Buchrezensionen nicht möglich

Die Verurteilung der Beklagten lässt keine allgemeine Aussage darüber zu, in welchem Umfang die Übernahme von Buchrezensionen urheber­rechtlich zulässig ist. Jede Übernahme oder Verarbeitung muss vielmehr im Einzelfall daraufhin überprüft werden, ob sie eine zulässige freie Bearbeitung des Originaltextes darstellt.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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