21.11.2024
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Dokument-Nr. 5288

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Urteil11.12.2007Oberlandesgericht Frankfurt am Main11 U 75/06, 11 U 76/06 (FAZ und SZ / Perlentaucher.de)
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2008, 90Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2008, Seite: 90
  • MMR 2008, 780Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2008, Seite: 780
  • NJW 2008, 770Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 770
  • ZUM 2008, 233Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2008, Seite: 233
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil11.12.2007

Inhaltsangaben von Buchkritiken Dritter in verkürzter Form sind zulässigBuch-Kurzkritiken (abstracts) im Internet verstoßen nicht gegen das Urheberrecht

Die komprimierte Wiedergabe von Buchrezensionen Dritter kann unter bestimmten Voraussetzungen urheber­rechtlich zulässig sein. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt entschieden.

Die Klägerinnen verlegen namhafte Tageszeitungen (Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung), in denen auch Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die Beklagte stellt auf ihrer Website „Perlentaucher.de“ Neuer­schei­nungen auf dem Buchmarkt vor und spricht Buchemp­feh­lungen aus. Daneben veröffentlicht sie Buchrezensionen u.a. aus den von den Klägerinnen verlegten Zeitungen in deutlich kürzerer Fassung (so genannte Abstracts), die von ihren Mitarbeitern formuliert werden, aber einzelne Zitate und Passagen aus den Origi­na­l­kritiken enthalten. Die Beklagte veröffentlicht diese Abstracts nicht nur auf ihrer Website, sondern erteilt Internet-Buchhandlungen Lizenzen zum Abdruck.

Hiergegen wandten sich die Klägerinnen, wobei sie in der Hauptsache ein generelles Verbot derartiger Abstracts, hilfsweise die Untersagung von Abstracts mit Originalzitaten sowie bestimmter einzelner Abstracts begehrten, die nach ihrer Auffassung wegen des Umfangs der Übernahme von Formulierungen aus der „Origi­na­l­re­zension“ in jedem Fall die Verwer­tungs­rechte der Klägerinnen am Originaltext verletzen.

Die Klage hatte – wie schon in erster Instanz – keinen Erfolg. Der 11. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hat die Berufungen der Klägerinnen zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein generelles Verbot von Abstracts könne schon deshalb nicht ausgesprochen werden, weil die öffentliche Beschreibung des Inhalts eines Werkes nach dessen Veröf­fent­lichung grundsätzlich jedermann zustehe, soweit es sich dabei nicht um eine unzulässige Bearbeitung des Originals, hier also der Origi­na­l­re­zension, handele.

Auch sei nicht jedes Abstract ohne Rücksicht auf seinen Umfang und seinen Abstand gegenüber der Ursprungskritik urheber­rechtlich unzulässig, wenn einzelne Origi­nal­text­stellen darin wiedergegeben würden. Maßgeblich sei, ob es sich bei der verkürzten Wiedergabe einer Buchkritik um eine (unzulässige) Bearbeitung des Originals i.S. von § 23 Urhebergesetz oder um eine freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 Urhebergesetz handele. Dafür komme es darauf an, ob das Abstract gegenüber dem Original einen eigenständig schöpferischen Gehalt habe, obwohl das besprochene Original in seinen wesentlichen Gedanken mitgeteilt wird. Gerade in der Komprimierung könne aber eine eigenständige schöpferische Leistung liegen. Dabei werde die Individualität umso größer sein, je weiter sich das Abstract vom Aufbau des Originalwerkes entferne. Ferner sei nicht ohne Bedeutung, in welchem Umfang der Abstract-Verfasser Passagen aus dem Original wörtlich oder fast wörtlich übernimmt, wobei allerdings die wörtliche Übernahme rein deskriptiver Begriffe außer Betracht bleiben müsse, weil dem Abstract-Verfasser insoweit kein Gestal­tungs­spielraum zu Gebote stehe. Schließlich sei bei der Abgrenzung Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, weil dieses Grundrecht auch die Berich­t­er­stattung selbst dann, wenn hiermit kommerzielle Ziele verfolgt würden, schütze.

Unter Berück­sich­tigung dieser Kriterien hat der Senat die streit­be­fangenen Abstracts für zulässig gehalten, weil es sich um gegenüber den Origi­na­l­kritiken ausreichend selbständige Werke mit dem erforderlichen Abstand zu den Origi­na­l­vorlagen handele. Auch aus dem Marken- und Wettbe­wer­bsrecht ergebe sich kein Anspruch auf Unterlassung, zumal die Vorgaben des Urheberrechts zu berücksichtigen seien. Es könne insoweit nicht marken- oder wettbe­wer­bs­rechtlich untersagt sein, was das Urheberrecht gestatte.

Nachtrag vom 30.01.2008

Der Rechtsstreit FAZ und SZ gegen Perlentaucher geht weiter. Perlentaucher teilte mit, dass der Süddeutsche Verlag und die Frankfurter Allgemeine Zeitung nun den Bundes­ge­richtshof als Revisi­ons­instanz anrufen.

Quelle: ra-online, OLG Frankfurt am Main

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