18.10.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 3398

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Landgericht Frankfurt am Main Urteil23.11.2006

Die Weitergabe von abstracts im Internet (hier: perlentaucher.de) ist zulässigFrankfurter Allgemeine Zeitung unterliegt gegen perlentaucher.de

Das Internet-Kulturmagazin "perlentaucher.de" kann weiterhin Zusam­men­fas­sungen von Buchbe­spre­chungen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Süddeutschen Zeitung" kommerziell weiterverwerten. Die Verbreitung von Inhalts­mit­tei­lungen von Texten, so genannter "abstracts", verstößt weder gegen das Urheberrecht des Rechteinhabers, noch das Wettbewerbs- noch das Markenrecht. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden.

Die Klägerin verlegt die "F-Zeitung". Zu dem Angebot dieser Zeitung gehört auch ein umfassendes Internet-Angebot unter www.f-archiv.de. Gegen Entgelt können Dritte einzelne F-Artikel aus dem Online-Archiv aussuchen und auf einer Intranet-/Internetseite veröffentlichen. Hierzu bietet die Klägerin gegen Entgelt einen Download in verschiedenen Formaten an.

Die Beklagte betreibt unter www.p.de ein Internetangebot. Auf ihrer Internetseite bietet sie Zusam­men­fas­sungen verschiedener Feuil­le­ton­artikel der wichtigsten deutsch­spra­chigen Quali­täts­zei­tungen. Hierzu gehören u. a. in der "F-Zeitung" erschienene Origi­na­l­re­zen­sionen zu aktuellen Buchver­öf­fent­li­chungen, welche die Beklagte unter der Überschrift "Notiz zur F-Zeitung" in verkürzter Form wiedergibt. An diesen Notizen hat die Beklagte gegen Entgelt Lizenzen an die Internet-Bookshops a.de und b.de erteilt.

Mit der Klage begehrt die Klägerin der Beklagten die kommerzielle Verwertung dieser Notizen im Wege der Weiter­li­zen­zierung an Dritte zu untersagen. Dem folgte die 3. Zivilkammer nicht.

Die Kammer führt in ihrer Entscheidung aus:

"Der Klägerin steht ein Unter­las­sungs­an­spruch weder aus § 97 I UrhG noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu.

….Bei den vorliegend angegriffenen Textfassungen handelt es sich um eine Sekundärnutzung urheber­rechtlich geschützter Textvorlagen - Origi­nal­buch­kritiken - in eigen­ge­stalteten Kurzfassungen dieser Vorlagen (sog. abstracts; vgl. zu dieser Einordnung: Erdmann: Urheber­rechtliche Grenzen der Infor­ma­ti­o­ns­ver­mittlung in Form von abstracts, in: Festschrift für Tilmann, 2003, S. 21 ff., 22). Sie dienen dazu, den Leser über den wesentlichen Inhalt der Originaltexte zu informieren.

Eingriffe in die urheber­recht­lichen Verviel­fäl­tigungs- und Verbrei­tungs­rechte gemäß §§ 16, 17 UrhG scheitern bereits daran, dass es an einer 1:1-Dokumentation von Textauszügen fehlt (vgl. Erdmann, ebd., S. 26;). Übernommen werden allenfalls sehr kleine Teile der Origi­na­l­kritiken wie einzelne Wörter, Sätze oder Satzteile, bei denen der Urheber­rechts­schutz grundsätzlich daran scheitert, dass sie nicht ausreichend Raum für die Entfaltung von Individualität bieten (vgl. Schricker: Urheberrecht, 3. Aufl., 2006, Rn. 45 + 67 zu § 2; KG GRUR-RR 2002, 313, 314; LG Frankfurt GRUR 1996, 125 - "Tausendmal berührt")...

…Die angegriffenen abstracts beinhalten Inhalts­mit­tei­lungen. Weil die den abstracts zugrunde liegenden Origi­na­l­kritiken bereits mit Zustimmung der jeweiligen Urheber erstver­öf­fentlicht sind, beruht die Zulässigkeit der Inhalts­mit­tei­lungen auf § 12 II UrhG. Aus dieser Vorschrift ergibt sich im Umkehrschluss, dass nach Erschöpfung des Mittei­lungs­vor­be­haltes jedermann den Inhalt des Werkes öffentlich mitteilen oder beschreiben kann, ohne den Urheber fragen zu müssen. Diese Inhalts­mit­tei­lungen sind von dem Einwil­li­gungs­vor­behalt des § 23 UrhG freigestellt.

..Die Klägerin vermag ihren Unter­las­sungs­an­spruch auch nicht auf Markenrecht zu stützen.

Eine rechts­ver­letzende Benutzung des zugunsten der Klägerin geschützten Kennzeichens "F-Zeitung" und/oder "F-Zeitung" i.S. des § 14 II MarkenG seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der entgeltlichen Lizenzierung ihrer P-Notizen liegt nicht vor...

...Es fehlt an dem für eine Verletzung erforderlichen kennzei­chen­mäßigen Gebrauch. Angesichts der konkreten Ausgestaltung kommt dem verwendeten Kennzeichen nach der maßgeblichen Publi­kums­auf­fassung eindeutig ein rein inhalts­be­schrei­bender Bedeu­tungs­gehalt zu. Die Beklagte stellt mit der Überschrift "Notiz zur F-Zeitung vom ..." lediglich klar, dass sie für die von ihr erstellten Zusam­men­fas­sungen Texte der "F-Zeitung" verwendet hat. Zwar wird die fremde Marke natürlich auch hier letztendlich zur Unterscheidung von Waren oder Dienst­leis­tungen als solche eines bestimmten Unternehmens im Sinne eines weiten Verständnisses von EUGH GRUR Int. 1999, 438 - BW Tz. 38 verwendet, aber eben nicht in bezug auf das eigene Leistungs­angebot der Beklagten. Damit ist schon der Verlet­zung­s­tat­bestand der §§ 14, 15 MarkenG zu verneinen....

...Der Unter­las­sungs­an­spruch ergibt sich schließlich nicht aus §§ 3, 4 Nr. 9, 8 ff UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbe­wer­bs­recht­lichen Leistungs­schutzes. Für die Anwendung der §§ 3, 4 UWG neben den sonder­ge­setz­lichen Regelungen des Urheber- bzw. Markengesetzes müssen besondere, außerhalb des sonder­ge­setz­lichen Tatbestandes liegende Umstände hinzutreten, welche die beanstandete Handlung als unlauter i.S. der §§ 3, 4 UWG erscheinen lassen [BGHZ 134, 250 (267) - CB-Infobank I; GRUR 1999, 325 - elektronische Pressearchive].

Es erscheint schon zweifelhaft, ob den in der "F-Zeitung" veröf­fent­lichten Original-Buchrezensionen wettbewerbliche Eigenart zukommen kann, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit hier einzelne Merkmale bestehen, die geeignet sind, interessierte Verkehrskreise auf eine bestimmte betriebliche Herkunft oder Besonderheiten hinzuweisen…

Dies ist aus Sicht der Kammer bei den übernommenen Worten oder Wortfolgen indes nicht der Fall…

Darüber hinaus liegen auch keine besonderen Umstände vor, die das beanstandete Verhalten der Beklagten unlauter machen…"

In einem Paral­lel­ver­fahren, in dem die "Süddeutsche Zeitung" gegen "Perlentaucher" klagte, entschieden die Richter entsprechend.

Quelle: ra-online, LG Frankfurt am Main

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