21.11.2024
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Amtsgericht Hamburg-Mitte Urteil21.02.2011

Persön­lich­keitsrecht verletzt: Plagi­ats­vorwürfe in wissen­schaft­lichem Werk müssen vom Autor nachgewiesen werden könnenWissen­schafts­freiheit und Meinungs­freiheit eines Autors ist stets mit dem Persön­lich­keitsrecht des Beschuldigten abzuwägen

Ein Autor, der in einem wissen­schaft­lichen Werk einem anderen Autor vorwirft, Gedanken Dritter übernommen zu haben, ohne diese Behauptung nachweisen zu können, verletzt das Persön­lich­keitsrecht des anderen Autors. Ein Autor darf im Rahmen der verfas­sungs­rechtlich geschützten Meinungs- und Wissen­schafts­freiheit solche Behauptungen zwar aufstellen, muss sie dann aber auch belegen können. Andernfalls erhält das ebenfalls verfas­sungs­rechtlich geschützte allgemeine Persön­lich­keitsrecht Vorrang vor der Meinungs- und Wissen­schafts­freiheit. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg hervor.

Der Kläger des vorliegenden Falls ist Lehrstuhl­inhaber an einer Universität und Autor verschiedener rechts­wis­sen­schaft­licher Veröf­fent­li­chungen, vor allem von Kommentaren zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Der Beklagte ist ein Verlag, der ein Buch eines anderen Professors bundesweit herausbringt. Der Kläger sah sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, da in einem Werk des Verlags die Behauptung aufgestellt wurde, er habe fremde Gedanken übernommen ohne diese als Zitate zu kennzeichnen. Diese Behauptungen seien nach Meinung des Klägers unwahr. Er forderte aus diesem Grund von dem Verlag Auskunft über die Höhe der hergestellten Auflage und die Menge der verkauften und noch im Lager befindlichen Buchexemplare, damit er auf diesen Informationen seinen Anspruch auf Widerruf, Richtigstellung oder Geldent­schä­digung begründen konnte. Der Verlag berief sich hingegen auf das Grundgesetz, nachdem jedem Autor die kritische Meinung­s­äu­ßerung gemäß Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG zustehe.

Urteil: Nach Abwägung erhält Persön­lich­keitsrecht des Klägers Vorrang

Das Amtsgericht Hamburg erklärte die Klage für begründet. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf die geforderten Auskünfte zu. Die streit­ge­gen­ständliche Veröffentlichung verletze das Persön­lich­keitsrecht des Klägers. Im vorliegenden Fall habe die verfas­sungs­rechtlich geschützte Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit gegen das ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestattete allgemeine Persön­lich­keitsrecht gemäß Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG abgewogen werden müssen. Der Autor des streit­ge­gen­ständ­lichen Werks setze sich in seinem Buch mit anderen rechts­wis­sen­schaft­lichen Publikationen auseinander und analysiere, ob Gedankengänge ohne hinreichende Zitate übernommen worden seien. Damit sei das Werk am Maßstab der Wissen­schafts­freiheit zu messen. Für die Zulässigkeit dieser Textpassagen als Meinung­s­äu­ßerung sei jedoch Voraussetzung, dass hinreichende Anknüp­fungs­punkte bestünden, die dies belegen. Da es an diesen hinreichenden Anknüp­fungs­punkten im vorliegenden Fall fehle, überwogen die Persön­lich­keits­rechte des Klägers. Der Verlag habe sich der Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung in der Weise schuldig gemacht, dass er das Werk verlegt und verbreitet habe.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Hamburg-Mitte (vt/st)

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