18.10.2024
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Dokument-Nr. 18261

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil21.05.2014

Kein Schadenersatz für Adoptiveltern wegen fehlender Aufklärung über gesundheitliche Risiken der AdoptivkinderKenntnis der Jugend­amts­mi­t­a­r­beiter über Alkoholproblem der leiblichen Mutter muss bewiesen werden

Adoptiveltern haben keinen Anspruch auf Schadenersatz wegen unzureichender Aufklärung durch das Jugendamt über gesundheitliche Risiken bei Adoptivkindern, wenn die Adoptiveltern nicht darlegen können, dass die Jugend­amts­mi­t­a­r­beiter von dem Alkoholproblem der Mutter etwas wussten und dies verschwiegen haben. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main entschieden.

Im hier zugrun­de­lie­genden Fall haben die Kläger - die Adoptivmutter ist inzwischen verstorben - 1998 zwei Kleinkinder derselben Kindesmutter adoptiert. Beide Kinder entwickelten sich physisch und psychisch problematisch. Im Jahre 2011 wurde festgestellt, dass beide Kinder am sog. "Fetalen-Alkohol-Syndrom" (FAS), leiden, einer vorgeburtlich entstandenen Schädigung durch von der schwangeren Mutter aufgenommenen Alkohol. Sie sind heute zu 100 % schwerbehindert und leben in betreuenden Einrichtungen.

Keine Adoption bei Kenntnis der möglichen Risiken

Die Adoptiveltern haben - gestützt auf spätere Angaben der Kindesmutter und des leiblichen Vaters - behauptet, die Kindesmutter habe ein Alkoholproblem gehabt und während beider Schwan­ger­schaften Alkohol konsumiert. Dies hätten die beiden beteiligten Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen von Anfang an gewusst. Jedenfalls seien so deutliche Anzeichen hierfür vorhanden gewesen, dass das Jugendamt diesem Gesichtspunkt hätte nachgehen müssen. Die Kläger machen geltend, sie hätten sich wegen der schon damals bestehenden chronischen Erkrankung der Adoptivmutter eine Adoption der Kinder mit Blick auf die bei diesen bestehenden gesund­heit­lichen Risiken nicht zugetraut, wenn sie von dem Alkoholkonsum der Kindesmutter in der Schwangerschaft gewusst hätten. Dass die Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen das Alkoholproblem nicht offenbart hätten, stelle eine Verletzung der Amtspflichten des Jugendamts - und damit der Stadt - in einem Adopti­o­ns­ver­fahren dar. Die Kläger verlangen Ersatz des für die beiden Kinder aufgewendeten Unterhalts und die Feststellung, dass die Stadt für alle künftigen Schäden einzustehen habe.

Berufung nach erneuten Zeugen­ver­neh­mungen abgewiesen

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Berufung der Kläger. Das OLG hat nochmals die Kindesmutter und die beiden Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen sowie nunmehr den leiblichen Vater als Zeugen vernommen. Das Oberlan­des­gericht wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil.

Amtspflicht­ver­letzung der Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen nicht erkennbar

Nach der Beweisaufnahme spreche zwar alles dafür, dass die Kindesmutter während der beiden Schwan­ger­schaften Alkohol zu sich genommen habe. Das Gericht könne aber durch die Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewinnen, dass die beiden Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen dies wussten oder hinreichend sichere Anzeichen hierfür hatten. Die Kindesmutter habe nicht bestätigt, dass sie den Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen den Alkoholkonsum mitgeteilt habe. Ihre gegenteilige frühere schriftliche Angabe sei falsch, sie habe plausibel geschildert, wie es dazu gekommen war. Auch in Zusammenhang mit der Aussage des leiblichen Vaters könne das Gericht keine hinreichend sichere Feststellung treffen, dass den Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen der Alkoholkonsum bekannt war. Denn es komme auch in Betracht, dass der für die Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen erkennbar schlechte gesundheitliche Zustand der Kindesmutter auf andere gravierende, ihnen bekannte und den Klägern auch offen gelegte Erkrankungen zurückzuführen war. Andere Beweismittel kämen nicht in Betracht, insbesondere sei die von den Klägern beantragte Beiziehung der Jugendamtsakte betreffend ein weiteres, älteres Kind der Kindesmutter aus rechtlichen Gründen nicht zulässig. Da die Kläger die Beweislast für ihre Behauptung trügen, die Jugend­amts­mi­t­a­r­bei­te­rinnen hätten den Alkoholkonsum gekannt, diesen Beweis aber nicht hätten führen können, sei ein Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen die beklagte Stadt nicht gegeben.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ ra-online

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