18.10.2024
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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss27.08.2012

Befreiung stromintensiver Unternehmen von Netzentgelten europa­rechts­widrig?OLG Düsseldorf erbittet Vorabentscheid der Europäischen Kommission

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf hat die Europäische Kommission um eine Stellungnahme gebeten, ob die Kommission die Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Strom-Netzentgelten als staatliche Beihilfe einstuft.

Netzkosten im deutschen Stromnetz geben die Netzbetreiber an die Stromversorger und diese über den Strompreis an den Endnutzer, Verbraucher oder Unternehmen, weiter. Das Netto­net­zentgelt macht etwa 20 % des Haushalts­kun­den­strom­preises aus (Jahresbericht 2011 der Bundes­netz­agentur). Seit dem 4. August 2011 ist § 19 Abs. 2 Strom­net­zent­gelt­ver­ordnung in Kraft, wonach stromintensive Unternehmen von der Zahlung der Netzentgelte befreit werden können. Auf Antrag – nach Auffassung der Bundesnetzagentur auch rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 – können sich Unternehmen von den Netzentgelten befreien lassen, wenn sie mehr als 7.000 Arbeitsstunden und 10 Gigawatt Strom pro Jahr abnehmen. Die Bundes­netz­agentur schätzt die Entlastung für stromintensive Unternehmen vorläufig für 2011 auf rund 440 Millionen Euro und für 2012 auf etwa 1,1 Milliarden Euro. Die für die Netzbetreiber entstehenden Einnah­me­ausfälle werden dadurch ausgeglichen, dass die an sich von den stromintensiven Betrieben zu zahlenden Netzentgelte auf die übrigen Endkunden umgelegt werden. Da für das Jahr 2011 bei einer rückwirkenden Umwälzung Abrech­nungs­schwie­rig­keiten entstünden, werden die dem jeweiligen Netzbetreiber durch die Befreiung entstehenden Einnah­me­ausfälle nicht in 2011 umgelegt, sondern mit Mehr- oder Minderzahlungen an den Netzbetreiber in den Jahren 2013 und später verrechnet.

Netzbetreiber sehen in Ausnah­me­re­gelung für stromintensive Unternehmen Verstoß gegen europäisches Recht

Zwei Netzbetreiber, die NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH (Frankfurt), die ein Elektri­zi­täts­ver­sor­gungsnetz im Raum Frankfurt/Main betreibt und die ein gemeinsames Tochter­un­ter­nehmen der Mainova AG und der Stadtwerke Hanau GmbH ist, und die Stadtwerke Ilmenau GmbH greifen in zwei Eilverfahren den Abrech­nungsmodus für das Jahr 2011 an. Es fehle an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Befreiung. Ferner verstoße die Ausnah­me­re­gelung für stromintensive Unternehmen gegen europäisches Recht. Es handele sich um eine aus staatlichen Mitteln gewährte unerlaubte Beihilfe. Auch sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten nicht angemessen. Es werde der Wettbewerb verfälscht, weil Unternehmen, die unterhalb der Stromverbrauchs-Schwellenwerte lägen, nicht befreit werden könnten. Auch sei eine rückwirkende Befreiung nicht vorgesehen.

Bundes­netz­agentur hält öffentliches Interesse an stabilen Netzen im Hinblick auf „Energiewende“ für vorrangig

Die Bundes­netz­agentur verweist dagegen darauf, dass für 2011 ein anderer Abrech­nungsmodus erforderlich gewesen sei, weil es sonst zu nicht überwindbaren Abrech­nungs­pro­blemen gekommen wäre. Es sei schon aufgrund einer fehlenden Schät­zungs­grundlage sinnvoll, die für 2011 freigestellten Netzentgelte erst in den Folgejahren zu verrechnen. Der Verord­nungsgeber habe auch erreichen wollen, dass stromintensive Unternehmen bereits ab 2011 befreit werden sollten, weil diese Betriebe aufgrund ihres hohen Verbrauchs netzsta­bi­li­sierend wirkten. Das öffentliche Interesse an stabilen Netzen sei im Hinblick auf die „Energiewende“ vorrangig.

OLG erbittet Entscheidung der Europäischen Kommission

Das Oberlan­des­gericht hat die Europäische Kommission um eine Einschätzung gebeten, ob nach Auffassung der Europäischen Kommission die Befreiung für stromintensive Unternehmen eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) darstelle und ob die Kommission ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet habe.

Quelle: ra-online

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