18.10.2024
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil15.07.2014

Versand von Rechnungen und Mahnungen durch Gewerbeauskunft-Zentrale ist nicht wettbe­wer­bs­widrig und daher zulässigWettbewerbs­widrigkeit des Ausgangs­for­mulars begründet nicht Wettbewerbs­widrigkeit der Nachfol­ge­schreiben

Zwar ist die Art und Weise des Zustandekommens von Verträgen mit der Gewerbeauskunft-Zentrale aufgrund des täuschenden Charakters der Auftrags­for­mulare als unlautere geschäftliche Handlung und damit als wettbe­wer­bs­widrig anzusehen. Dies führt aber nicht automatisch zur Wettbewerbs­widrigkeit der Nachfol­ge­schreiben, wie etwa der Rechnungen oder Mahnungen. Da die durch das Auftrags­formular bedingte Täuschung im Rahmen der Durchsetzung der Ansprüche nicht aufrecht­er­halten wird, liegt in der Beanspruchung der Forderung keine unlautere geschäftliche Handlung vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob die Versendung von Rechnungen und Mahnungen sowie Inkasso- und Anwalts­schreiben durch bzw. auf Veranlassung der Gewerbeauskunft-Zentrale als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG und somit als wettbewerbswidrig anzusehen ist. Das Landgericht Düsseldorf vertrat diese Ansicht und untersagte daher die Versendung von Nachfol­ge­schreiben zur Durchsetzung der angeblichen Forderung. Dagegen richtete sich die Berufung der Gewerbeauskunft-Zentrale.

Versendung der Auftrags­for­mulare stellten irreführende geschäftliche Handlung und somit Wettbe­wer­bs­verstoß dar

Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf führte zum Fall zunächst aus, dass in der Versendung der Auftrags­for­mulare eine irreführende geschäftliche Handlung und somit ein Wettbewerbsverstoß zu sehen gewesen sei. Zur Begründung verwies das Gericht auf das Urteil des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf vom 14.02.2012 - I-20 U 100/11 -. Ergänzend merkte es an, dass die Irreführung dadurch bestärkt worden sei, dass dem Auftrags­formular keine Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen beigefügt wurden und es somit an aufklärenden Hinweisen zur Abrechnung und Preisgestaltung fehlte. Für den Empfänger des Formulars habe daher kein Anlass bestanden anzunehmen, dass er mit seiner Unterschrift eine vertragliche Bindung eingeht. Zudem sei der Eindruck der Amtlichkeit nicht dadurch beseitigt worden, dass auf dem Briefumschlag die Internetadresse genannt wurde. Denn eine neutrale Internetadresse gebe keine Auskunft über die privat­wirt­schaftliche Rechtsform des Absenders. Der Eindruck der Amtlichkeit sei darüber hinaus dadurch bestärkt worden, dass ein Barcode verwendet wurde und das Formular bereits Voreintragungen zu den Firmendaten enthielt. Denn ein Barcode werde regelmäßig nur bei einem bereits laufenden Verwal­tungs­vorgang verwendet, worauf ebenfalls die vorein­ge­tragenen Daten hindeuteten.

Höhere Prüfungspflicht der Gewer­be­trei­benden unbeachtlich

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei es auch unerheblich gewesen, dass es sich bei der Zielgruppe des Auftrags­for­mulars um Gewer­be­treibende handelte. Zwar könne von diesen eine durch­schnittliche intellektuelle Erkennt­nis­fä­higkeit erwartet werden. Es sei jedoch zu beachten gewesen, dass Gewer­be­treibende Schreiben, in denen im Rahmen eines Verwal­tungs­organs vermeintlich nur routinemäßig Daten abgefragt werden, eine geringere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Auf eine solche flüchtige Wahrnehmung sei das Schreiben auch angelegt gewesen.

Versendung von Rechnungen und Mahnungen nicht wettbe­wer­bs­widrig

Aus der Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit des Auftrags­for­mulars folge jedoch nicht automatisch die Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit der Nachfol­ge­schreiben, so das Oberlan­des­gericht. Vielmehr gelte der Grundsatz, dass die Durchsetzung von wettbe­wer­bs­widrig zustande gekommenen Verträgen als solches nicht wettbe­wer­bs­widrig ist. Davon könne nur dann ausgegangen werden, wenn von der Vertrags­ab­wicklung selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs ausgeht. Dies sei dann der Fall, wenn das Zustandekommen von Verträgen fortlaufend, systematisch und zielgerichtet als Folge einer Irreführung angestrebt wird, die Durchsetzung der Verträge fortlaufend betrieben wird und bei der Durchsetzung nicht in geeigneter Weise über die Art des Zustandekommens und über die dabei begründete Irrtums­mög­lichkeit aufgeklärt wird. Die Täuschung müsse also aufrecht­er­halten werden. Diese letzte Voraussetzung habe nicht vorgelegen.

Durch Rechnungen oder Mahnungen wird Täuschung über Amtlichkeit nicht aufrecht­er­halten

Die durch das Auftrags­formular bedingte Täuschung über die Amtlichkeit sei aus Sicht des Oberlan­des­ge­richts bei der Durchführung des Vertrags nicht aufrecht­er­halten worden. Dem Empfänger der Rechnung oder Mahnung sei nicht verheimlicht worden, auf welche Art und Weise der Vertrag zustande gekommen ist. Denn durch die Nachfol­ge­schreiben sei deutlich geworden, dass die Unterschrift des Gewer­be­trei­benden als Annahme eines privat­recht­lichen Vertrags gewertet wurde. Der Irrtum, es bestehe Kontakt zu einer Behörde oder mit einer für das Gewerberegister handelnden Stelle, könne ab Erhalt der Rechnung oder Mahnung nicht mehr fortbestehen. Es sei unübersehbar gewesen, dass die Nachfol­ge­schreiben von einem Unternehmen stammten.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)

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