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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil15.07.2014
Versand von Rechnungen und Mahnungen durch Gewerbeauskunft-Zentrale ist nicht wettbewerbswidrig und daher zulässigWettbewerbswidrigkeit des Ausgangsformulars begründet nicht Wettbewerbswidrigkeit der Nachfolgeschreiben
Zwar ist die Art und Weise des Zustandekommens von Verträgen mit der Gewerbeauskunft-Zentrale aufgrund des täuschenden Charakters der Auftragsformulare als unlautere geschäftliche Handlung und damit als wettbewerbswidrig anzusehen. Dies führt aber nicht automatisch zur Wettbewerbswidrigkeit der Nachfolgeschreiben, wie etwa der Rechnungen oder Mahnungen. Da die durch das Auftragsformular bedingte Täuschung im Rahmen der Durchsetzung der Ansprüche nicht aufrechterhalten wird, liegt in der Beanspruchung der Forderung keine unlautere geschäftliche Handlung vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob die Versendung von Rechnungen und Mahnungen sowie Inkasso- und Anwaltsschreiben durch bzw. auf Veranlassung der Gewerbeauskunft-Zentrale als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG und somit als wettbewerbswidrig anzusehen ist. Das Landgericht Düsseldorf vertrat diese Ansicht und untersagte daher die Versendung von Nachfolgeschreiben zur Durchsetzung der angeblichen Forderung. Dagegen richtete sich die Berufung der Gewerbeauskunft-Zentrale.
Versendung der Auftragsformulare stellten irreführende geschäftliche Handlung und somit Wettbewerbsverstoß dar
Das Oberlandesgericht Düsseldorf führte zum Fall zunächst aus, dass in der Versendung der Auftragsformulare eine irreführende geschäftliche Handlung und somit ein Wettbewerbsverstoß zu sehen gewesen sei. Zur Begründung verwies das Gericht auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.02.2012 - I-20 U 100/11 -. Ergänzend merkte es an, dass die Irreführung dadurch bestärkt worden sei, dass dem Auftragsformular keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen beigefügt wurden und es somit an aufklärenden Hinweisen zur Abrechnung und Preisgestaltung fehlte. Für den Empfänger des Formulars habe daher kein Anlass bestanden anzunehmen, dass er mit seiner Unterschrift eine vertragliche Bindung eingeht. Zudem sei der Eindruck der Amtlichkeit nicht dadurch beseitigt worden, dass auf dem Briefumschlag die Internetadresse genannt wurde. Denn eine neutrale Internetadresse gebe keine Auskunft über die privatwirtschaftliche Rechtsform des Absenders. Der Eindruck der Amtlichkeit sei darüber hinaus dadurch bestärkt worden, dass ein Barcode verwendet wurde und das Formular bereits Voreintragungen zu den Firmendaten enthielt. Denn ein Barcode werde regelmäßig nur bei einem bereits laufenden Verwaltungsvorgang verwendet, worauf ebenfalls die voreingetragenen Daten hindeuteten.
Höhere Prüfungspflicht der Gewerbetreibenden unbeachtlich
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei es auch unerheblich gewesen, dass es sich bei der Zielgruppe des Auftragsformulars um Gewerbetreibende handelte. Zwar könne von diesen eine durchschnittliche intellektuelle Erkenntnisfähigkeit erwartet werden. Es sei jedoch zu beachten gewesen, dass Gewerbetreibende Schreiben, in denen im Rahmen eines Verwaltungsorgans vermeintlich nur routinemäßig Daten abgefragt werden, eine geringere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Auf eine solche flüchtige Wahrnehmung sei das Schreiben auch angelegt gewesen.
Versendung von Rechnungen und Mahnungen nicht wettbewerbswidrig
Aus der Wettbewerbswidrigkeit des Auftragsformulars folge jedoch nicht automatisch die Wettbewerbswidrigkeit der Nachfolgeschreiben, so das Oberlandesgericht. Vielmehr gelte der Grundsatz, dass die Durchsetzung von wettbewerbswidrig zustande gekommenen Verträgen als solches nicht wettbewerbswidrig ist. Davon könne nur dann ausgegangen werden, wenn von der Vertragsabwicklung selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs ausgeht. Dies sei dann der Fall, wenn das Zustandekommen von Verträgen fortlaufend, systematisch und zielgerichtet als Folge einer Irreführung angestrebt wird, die Durchsetzung der Verträge fortlaufend betrieben wird und bei der Durchsetzung nicht in geeigneter Weise über die Art des Zustandekommens und über die dabei begründete Irrtumsmöglichkeit aufgeklärt wird. Die Täuschung müsse also aufrechterhalten werden. Diese letzte Voraussetzung habe nicht vorgelegen.
Durch Rechnungen oder Mahnungen wird Täuschung über Amtlichkeit nicht aufrechterhalten
Die durch das Auftragsformular bedingte Täuschung über die Amtlichkeit sei aus Sicht des Oberlandesgerichts bei der Durchführung des Vertrags nicht aufrechterhalten worden. Dem Empfänger der Rechnung oder Mahnung sei nicht verheimlicht worden, auf welche Art und Weise der Vertrag zustande gekommen ist. Denn durch die Nachfolgeschreiben sei deutlich geworden, dass die Unterschrift des Gewerbetreibenden als Annahme eines privatrechtlichen Vertrags gewertet wurde. Der Irrtum, es bestehe Kontakt zu einer Behörde oder mit einer für das Gewerberegister handelnden Stelle, könne ab Erhalt der Rechnung oder Mahnung nicht mehr fortbestehen. Es sei unübersehbar gewesen, dass die Nachfolgeschreiben von einem Unternehmen stammten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.01.2015
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)
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