Im zugrunde liegenden Fall stürzte ein Mann frühmorgens um 6.05 Uhr auf einer glatten dreistufigen Außentreppe. Beim Hinaustreten auf dem Weg zu seiner täglichen Arbeit war er zu Fall gekommen. Er verklagte die Grundstückseigentümer auf Zahlung von Schmerzensgeld. Die Grundstückseigentümer hätten "jederzeit" die gefahrlose Begehbarkeit der Treppenanlage zu gewährleisten.
Dies sah das Oberlandesgericht Düsseldorf anders und wies die Klage ab. Obwohl die Beklagten wussten, dass der Kläger täglich gegen 6.00 Uhr seinen Weg zur Arbeit antrat, seien sie nicht verpflichtet gewesen, vor diesem Zeitpunkt die Treppenanlage abzustreuen, weil das unzumutbar sei. Zu diesem Zeitpunkt hatte der allgemeine Verkehr noch nicht eingesetzt. Der Umstand, dass der Kläger (neben den Beklagten) als einziger Hausmitbewohner zu dieser frühen Stunde das Haus regelmäßig verlasse, indiziere nicht das Einsetzen des allgemeinen Verkehrs, ebenso wenig, wie das allein durch das Betreten des Grundstücks etwa durch den Zeitungszusteller indiziert würde, was vielerorts bereits zwischen 1.00 Uhr und 4.00 Uhr der Fall sei. Das OLG führte aus, dass die Ansicht des Klägers, die Beklagten als Grundstückseigentümer hätten die gefahrlose Begehbarkeit der Treppenanlage "jederzeit" zu gewährleisten, rechtsirrtümlich sei. Eine Streupflicht des Grundstückseigentümers bei Eis- und Schneeglätte "„rund um die Uhr" bestehe nicht (so ausdrücklich BGH, Urt. v. 02.10.1984 - VI ZR 125/83 -).
Einsetzen des allgemeinen Verkehrs bedeute eine gewisse Verkehrsverdichtung, die üblicherweise gegen 7.00 Uhr einsetze. Dass sich das in der Wohngegend des Klägers anders verhalten könnte, sei von ihm nicht dargelegt worden.
Verfehlt sei auch die Ansicht des Klägers, die Beklagten wären wegen der eindeutigen Wetterberichte verpflichtet gewesen, schon am Vorabend vorbeugend die Treppenanlage abzustreuen. Eine solche Streupflicht bestehe deshalb nicht, weil die Wetterberichte im Rundfunk und im Fernsehen die örtlichen Verhältnisse, die von der allgemeinen Lage vielfach abweichen nicht berücksichtigen können und weil erfahrungsgemäß Streumittelwirkung ohnehin nicht dauerhaft, gewährleistet sei.
Eine mietvertraglich begründete Verkehrssicherungspflicht des Vermieters gehe möglicherweise weiter. Dies bedeute aber nicht, dass die mietvertragliche Verkehrssicherungspflicht gewissermaßen "rund um die Uhr" gelte, führte das OLG aus.
Für den Streitfall verneinte das OLG eine Pflichtverletzung. Der Unfall habe sich zu so früher Morgenstunde ereignet, dass der Kläger nicht erwarten konnte, die Beklagten würden allein zu seinem Schutz ihre Nachtruhe unterbrechen. Das hätten sie aber tun müssen. Denn die Nachtruhe, die die Beklagten ausdrücklich für sich in Anspruch nehmen, währt gewöhnlich von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (vgl. z.B. immissionsschutzechtlich § 2 Abs. 5 BImSchVO; vgl. auch § 188 Abs. ZPO). Es komme deshalb nicht auf die Frage an, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn die Beklagten gewöhnlich ihre Nachtruhe vor diesem Zeitpunkt beenden, weil der Kläger einen derartigen Sachverhalt selbst nicht behauptet. Eine Unterbrechung der Nachtruhe wäre aber erforderlich gewesen, wenn zum Unfallzeitpunkt um 6.05 Uhr die Treppenanlage hätte abgestreut sein sollen. Es wäre den Beklagten nämlich nach dem gewöhnlichen Verlauf nicht möglich gewesen, das bis 6.05 Uhr zu bewerkstelligen. Es kann ihnen nämlich nicht zugemutet werden, sogleich nach dem Aufstehen (6.00 Uhr) etwa im nur leicht bekleideten Zustand die Treppenanlage und den von der Treppe zur Straße über das Grundstück führenden Weg abzustreuen. Es muss ihnen zugestanden werden, sich zunächst anzukleiden, anschließend die Witterungslage zu überprüfen, festzustellen, ob die Streupflicht eingesetzt hat, und erst dann zur Tat zu schreiten. Das hätten die Beklagten vor 6.15 Uhr kaum bewerkstelligen können. Zu diesem Zeitpunkt war aber der Unfall bereits geschehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.01.2010
Quelle: ra-online, OLG Düsseldorf (vt/pt)