18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14655

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Urteil12.06.2012BundesgerichtshofVI ZR 138/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2012, 1035Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2012, Seite: 1035
  • MDR 2012, 910Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 910
  • NJW 2012, 2727Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 2727
  • r+s 2012, 513Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2012, Seite: 513
  • VersR 2012, 1050Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2012, Seite: 1050
  • WuM 2012, 686Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2012, Seite: 686
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Dortmund, Urteil22.06.2010, 5 O 202/08
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil18.03.2011, I-9 U 158/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.06.2012

Winterdienst: Einzelne Glättestellen begründen keine StreupflichtRäum- und Streupflicht besteht für die Zeit des normalen Tagesverkehrs

Bei Vorhandensein einzelner Glättestellen ist von keiner allgemeinen Glättebildung auszugehen, so dass für den Grund­s­tücks­be­sitzer noch keine Pflicht zum Räumen und Streuen begründet wird. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall verlangte die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz aufgrund eines Glatteisunfalls. Die Klägerin suchte das Grundstück der Beklagten an einem Sonntag auf, um eine Weihnachtskarte in den Briefkasten zu stecken. Sie benutzte einen etwa zwei Meter breiten Weg, um zum Briefkasten zu gelangen. Als sie zu ihrem Fahrzeug zurückging, kam sie auf dem nicht gestreuten Weg zu Fall. Das Landgericht Dortmund wies die Klage ab. Das Oberlan­des­gericht Hamm wies die Berufung der Klägerin zurück. Dagegen richtete sich ihre Revision.

Klägerin muss Vorliegen einer streu­pflichtigen Wetter- und Straßenlage beweisen

Der Bundes­ge­richtshof entschied gegen die Klägerin. Eine Verletzung der der Beklagten obliegenden Räum- und Streupflicht konnte nicht festgestellt werden.

Grundsätzlich müsse der Verletzte einen Sachverhalt darstellen und gegebenenfalls beweisen, aus dem sich ergebe, dass zur Zeit des Unfalls aufgrund der Wetter-, Straßen- oder Wegelage bereits oder noch eine Streupflicht bestanden habe und diese schuldhaft verletzt worden sei (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1984 - VI ZR 49/83). Grund­vor­aus­setzung für die Winterdienstpflicht auf Straßen oder Wegen sei das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschl. v. 21.01.1982 - III ZR 80/81 = VersR 1982, 299). Inhalt und Umfang einer Streupflicht richte sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1984 - VI ZR 49/83 und BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 217/89). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen seien dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs, seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs zu berücksichtigen.

Winter­dienst­pflicht an Sonn- und Feiertagen ab 9 Uhr

Grundsätzlich bestehen Räum- und Streupflichten für die Zeit des normalen Tagesverkehrs, so der BGH weiter. An Sonn- und Feiertagen sei dies ab 9.00 Uhr der Fall. Trete allerdings erst im Laufe des Tages Glätte auf, so ist dem Streu­pflichtigen ein angemessener Zeitraum zuzubilligen, um die erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Glätte zu treffen. Für den Beginn der Streupflicht sei dabei vor allem von Bedeutung, in welchem Maße die erkennbare Wetterlage und die Eigenheiten des Gehwegs Anlass zur Vorsorge gegeben haben. Der Auffassung des Oberlan­des­ge­richts, wonach dem Verkehrs­si­che­rungs­pflichtigen im Regelfall ein Zeitraum von über eine Stunde nach Einsetzen der allgemeinen Glätte für den Beginn der Streumaßnahmen zuzubilligen sei, sei nicht zu folgen.

Streupflicht für die Beklagte bestand nicht

Der BGH führte schließlich aus, dass die Klägerin eine allgemeine Glätte im Bereich des Grundstücks der Beklagten nicht dargelegt habe. Nach Aussage der Klägerin, sei sie auf einer etwa 20 x 30 cm großen Eisfläche gestürzt. Auch habe sie weder auf der Straße noch auf dem Weg weitere vereiste Stellen bemerkt. In einem solchen Fall sei aber nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen. Dies reiche nach den oben dargestellten Grundsätzen für die Annahme einer Räum- und Streupflicht auf dem Weg zum Haus der Beklagten nicht aus.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

BGB § 823 Abs. 1

Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkenn-bare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen könnte.

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