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- BGHZ 112, 74Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 112, Seite: 74
- MDR 1990, 1096Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1990, Seite: 1096
- NJW 1991, 33Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1991, Seite: 33
- VersR 1990, 1148Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1990, Seite: 1148
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Bundesgerichtshof Urteil05.07.1990
Winterdienst: Räum- und Streupflicht der Gemeinde richtet sich nach Gefährlichkeit und Verkehrswichtigkeit der Straße§ 1 StrReinG NRW steht dem nicht entgegen
Die Winterdienstpflicht einer Gemeinde richtet sich unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht nach der Gefährlichkeit und Verkehrswichtigkeit der Straße. Dass § 1 Abs. 2 Nr. 2 StrReinG NRW nur auf "gefährliche" Fahrbahnstellen abstellt, spielt dabei keine Rolle. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger verlangte von der beklagten Stadt wegen Verletzung der Streupflicht Schadenersatz. Der PKW des Klägers wurde beschädigt, als dessen Sohn damit an einer Ampelkreuzung in der Innenstadt nach links abbiegen wollte, das Fahrzeug jedoch infolge Glätte geradeaus gegen ein Hindernis rutschte. Zum Unfallzeitpunkt herrschten katastrophale Witterungsverhältnisse. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtete sich seine Revision.
Keine Amtshaftung der Stadt
Der Bundesgerichtshof entschied gegen den Kläger. Ihm stehe kein Anspruch auf Schadenersatz nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu. Die Stadt sei mangels Verkehrsbedeutung der Kreuzung nicht zum Streuen verpflichtet gewesen.
Der BGH führte dazu aus, dass sich Inhalt und Umfang der winterlichen Streu- und Räumpflicht auf den öffentlichen Straßen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nach den Umständen des Einzelfalls richte. Dabei seien Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen, wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs.
Keine Änderung des Grundsatzes durch das Straßenreinigungsgesetz
Nach Auffassung des BGH habe das Straßenreinigungsgesetz nichts an dem Grundsatz geändert, dass sich der Umfang der Räum- und Streupflicht nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Zumutbarkeitsgesichtspunkten richte und die Fahrbahnen der Straßen Innerorts an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen abgestreut werden müssen. Zwar stelle § 1 Abs. 2 Nr. 2 StrReinG NRW nach seinem Wortlaut nach nur auf gefährliche Fahrbahnstellen ab. Dennoch sei eine einschränkende Auslegung dahin gehend möglich, dass die Vorschrift ein Abstreuen der gefährlichen und verkehrswichtigen Stellen verlange. Dies solle jedenfalls dann gelten soweit die Norm die Winterwartung im Interesse der Verkehrssicherheit betreffe. Denn die in dem Straßengesetz ausgestaltete öffentlich-rechtliche Amtspflicht zur Räum- und Streupflicht entspreche der Winterdienstpflicht, wie sie sich aus der allgemeinen Straßenverkehrssicherungspflicht ableite. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber durch die Schaffung des Straßenreinigungsgesetzes den Inhalt der Streupflicht, soweit sie auch der Verkehrssicherung diene, ihrem sachlichen Gehalt und Umfang nach ändern wollte.
Im Streitfall keine Verkehrssicherungspflichtverletzung
Die beklagte Stadt habe nach Ansicht des BGH die ihr obliegende Straßenverkehrssicherungspflicht hier nicht verletzt.
Zwar sei der Unfallbereich als gefährlich einzustufen. Denn als gefährlich sind die Straßenteile einzustufen, an denen Autofahrer erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit ändern. Diese Umstände können bei Schnee- und Eisglätte zum Schleudern oder Rutschen und damit zu Unfällen führen. Dies sei bei der Ampelkreuzung der Fall gewesen.
Die Kreuzung sei aber nicht als verkehrswichtig einzustufen. Zu den wichtigen Verkehrsflächen zählen vor allem die verkehrsreichen Durchgangsstraßen sowie die vielbefahrenen innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen. Im vorliegenden Fall haben die Straßen kein stärkeres Verkehrsaufkommen aufgewiesen, da es sich um Nebenstraßen, die dem Anliegerverkehr dienten, gehandelt habe.
Streupflicht unterliegt der Zumutbarkeit
Der BGH wies schließlich darauf hin, dass die Beklagte unter den gegeben extremen Umständen vorrangig verpflichtet gewesen sei, die gefährlichen Stellen auf den Fahrbahnen ihrer Hauptverkehrsstraßen zu bestreuen. Eine Verpflichtung, ihr umfangreiches Straßennetz flächendeckend zu bestreuen, könne schon aus Zumutbarkeitsgründen nicht von ihr verlangt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.01.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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