21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Häuserfassade mit einem Balkonkasten.

Dokument-Nr. 3591

Drucken
Beschluss10.07.2006Oberlandesgericht Celle4 W 89/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • IMR 2006, 119Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2006, Seite: 119
  • WE 2006, 272Zeitschrift: Wohnungseigentum (WE), Jahrgang: 2006, Seite: 272
  • ZfIR 2006, 739Zeitschrift für Immobilienrecht (ZfIR), Jahrgang: 2006, Seite: 739
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Celle Beschluss10.07.2006

OLG Celle zum Anspruch eines ausländischen Wohnungs­ei­gen­tümers auf Installation einer Satel­li­ten­schüsselKabelangebot mit mehreren Programmen in Muttersprache genügt für ausländischen Mitbürger

Wenn ein ausländischer Mitbürger über das Kabelfernsehen mehrere Programme in seiner Sprache empfangen kann, muss er sich hiermit begnügen. Er kann nicht verlangen, dass die Eigen­tü­mer­ver­sammlung ihm die Zustimmung zur Installation einer Satel­li­te­n­antenne erteilt. Das hat das Oberlan­des­gericht Celle entschieden.

Im Fall besaß ein Mann türkischer Herkunft eine Eigen­tums­wohnung, die er selbst bewohnte. In seiner Loggia oder auf dem Dach des Hauses, das an ein Breitbandkabelnetz angeschlossen war, wollte er eine Satel­li­te­n­antenne aufstellen. Mit dem Parabolspiegel wollte er spezielle seriöse Nachrich­ten­sender in türkischer Sprache empfangen (CNNTürk, NTVTürk, HaberTürk). Über das Kabelnetz könnte er mithilfe eine digitalen Zusatzgerätes das Programmpaket "Kabel Digital Türkisch Basic" mit sechs türkischen Programmen empfangen. Reine Nachrich­ten­sender sind in diesem Paket nicht enthalten. Die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft verweigerte ihm die Erlaubnis zu Errichtung einer Parabolantenne.

Zu Recht, wie das Oberlan­des­gericht Celle entschied. Der Mann habe keinen Anspruch gegen die übrigen Wohnungs­ei­gentümer auf Zustimmung zur Errichtung der Parabolantenne aus seinem Grundrecht auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GG.

Die Installation der Parabolantenne stelle eine sog. bauliche Veränderung des gemein­schaft­lichen Eigentums dar, die grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungs­ei­gentümer bedürfe. Jedoch müssten Wohnungs­ei­gentümer gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 WEG eine bauliche Veränderung dulden, durch die ihre Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Entscheidend sei daher, ob der Gebrauch des Gemein­schafts­ei­gentums zu einem Nachteil führe, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehe.

Hier seien die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen. Das Grundrecht auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG), das dem Mann einen Anspruch auf Zustimmung zur beabsichtigten Installation gebe, wenn er in seinen Grundrechten verletzt werde. Es sei aber herrschende Ansicht in der Rechtsprechung, dass es regelmäßig zumutbar sei, die Kabelanlage statt einer Satel­li­ten­emp­fangs­anlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu mehreren Programmen in der Sprache des Heimatlandes des Wohnungs­ei­gen­tümers oder -mieters bestünde (BGH, Urt. v. 02.03.2005; LG Arnsberg, Urt. v. 19.10.2004; LG München I, Beschl. v. 11.07.2005; LG Coburg, Urt. v. 10.08.2001). Über das Kabelnetz könne der Mann hier sog. Vollprogramme empfangen. Diese sendeten auch Nachrichten, so dass das durch­schnittliche Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse befriedigt sei.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

WEG § 14, WEG § 22, GG Art. 5 Abs. 1

1. Einem Wohnungs­ei­gentümer ausländischer Herkunft ist es regelmäßig zumutbar, die Kabelanlage statt einer Satel­li­ten­emp­fangs­anlage zu nutzen, wenn auf diese Weise Zugang zu mehreren Programmen in der Sprache seines Herkunftlandes besteht.

2. Die Errichtung einer Parabolantenne stellt - unabhängig von einem Eingriff in die Gebäudesubstanz - eine bauliche Veränderung dar.

3. Das Recht der Wohnungs­ei­gentümer zur eigen­ver­ant­wort­lichen Gestaltung ihrer Rechts­be­zie­hungen würde durch eine gerichtliche Entscheidung ohne Vorbefassung der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ver­sammlung mit dem Entschei­dungs­ge­genstand unterlaufen.

4. Die Wohnungs­ei­gentümer können aufgrund ihrer autonomen Beschluss­zu­stän­digkeit auch erneut über eine schon geregelte Angelegenheit beschließen.

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss3591

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI