21.11.2024
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Landgericht München I Beschluss11.07.2005

Hausge­mein­schaft kann Satel­li­ten­schüssel abbauen lassenParabolantenne muss weg

Die Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft einer Wohnanlage kann durch mehrheitliche Beschluss­fassung im Einzelfall die Beseitigung einer die Fassa­den­ge­staltung beein­träch­ti­genden Parabolantenne verlangen.

Das Landgericht München I hat eine Entscheidung des Amtsgerichts München aufgehoben und das Besei­ti­gungs­ver­langen der Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft einer Münchner Wohnanlage anders als das Amtsgericht für rechtmäßig erachtet.

Eine türkisch-stämmige Familie hatte auf dem Balkon ihrer Eigen­tums­wohnung eine Parabolantenne angebracht, um türkisch­sprachige Fernseh- und Radiosendungen empfangen zu können. Die Schüssel der Antenne ragte in vollem Umfang über die Balkonbrüstung hinaus. Die Eigen­tü­mer­ver­sammlung der Wohnanlage, in der die Familie lebt, beschloss im März 2003 mehrheitlich, dass die von außen sichtbare Antenne mit Schüssel entfernt werden müsse. Dieser Beschluss blieb unangefochten.

Auf der Grundlage dieses Beschlusses verlangten die übrigen Eigentümer von der türkisch-stämmigen Familie die Beseitigung der über die Balkonbrüstung hinausragenden Schüssel. Die Antragsgegner verweigerten dies. Sie sahen sich in ihrem Grundrecht auf Infor­ma­ti­o­ns­freiheit verletzt, da sie die Antenne zum Empfang türkisch­spra­chiger Sender benötigten.

Das Amtsgericht München gab ihnen Recht. Es hielt den Beschluss der Eigen­tü­mer­ver­sammlung vom März 2003 unter Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs für nichtig, da er ein faktisches Aufstellverbot für Parabolantennen und damit eine Abänderung der Gemein­schafts­ordnung beinhalte. Die Gemein­schafts­ordnung untersage das Anbringen dieser Antennen nicht grundsätzlich, sondern knüpfe es an die Zustimmung des Verwalters. Außerdem handle es sich um einen unzulässigen Eingriff in den Kernbereich des Wohnungs­ei­gentums. Die Richter beim Landgericht teilten diese Auffassung nicht.

Die Eigen­tü­mer­ver­sammlung habe im März 2003 gerade kein generelles, in die Zukunft wirkendes Verbot von Parabolantennen beschlossen, sondern lediglich die Beseitigung bestimmter, bereits angebrachter Antennen angeordnet. Die auf dem Balkon montierte Antenne stelle nach den vorgelegten Lichtbildern eine weithin sichtbare wesentliche Beein­träch­tigung der Fassa­den­ge­staltung dar. Das Gericht nahm eine Abwägung vor zwischen den Grundrechten des Wohnungs­ei­gen­tümers, der den Satel­li­ten­empfang als Kommu­ni­ka­ti­o­ns­mittel nutzen will und den Interessen der übrigen Wohnungs­ei­gentümer, die in ihrem Eigentumsrecht beeinträchtigt werden. Diese Abwägung fiel zum Nachteil der Antragsgegner aus.

Den ausländischen Wohnungs­ei­gen­tümern könne zugemutet werden, die im Haus vorhandene Kabelanlage anstelle der Satel­li­ten­emp­fangs­anlage zu nutzen. Zu diesem Ergebnis kamen die Richter unter Heranziehung der fachge­richt­lichen Rechtsprechung im Mietrecht sowie einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts. Die Anschaf­fungs­kosten für einen Digital-Receiver seien ähnlich hoch wie die Kosten für die Anschaffung und die fachmännische Installation einer Parabolantenne. Nach Mitteilung der Kabel Deutschland GmbH seien in der Wohnungs­ei­gen­tums­anlage derzeit u.a. sechs türkisch­sprachige Programme zu empfangen. Mit monatlichen Aufwendungen für den Empfang dieses Kabelprogramms in Höhe von 5,95 € könnten die ausländischen Wohnungs­ei­gentümer ihr Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse zumutbar durch empfangbare Kabelprogramme decken.

Quelle: Pressemitteilung des LG München I vom 31.08.2005

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