18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 27450

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Beschluss26.06.2018Oberlandesgericht Celle14 U 70/18
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2018, 1231Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2018, Seite: 1231
  • NJW-Spezial 2018, 459Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 459
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Vorinstanz:
  • Landgericht Lüneburg, Urteil05.03.2018, 1 O 65/17
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Celle Beschluss26.06.2018

Busfahrer muss bei nicht erkennbarer Schwer­be­hin­derung eines Fahrgastes nicht mit Anfahren von Haltestelle bis zum Schaffen eines festen Halts oder der Sitzplat­zeinnahme wartenBei Sturz eines Fahrgastes beim Anfahren eines Busses spricht Anscheinsbeweis für Verschulden des Fahrgastes

Ist für einen Busfahrer die Schwer­be­hin­derung eines Fahrgastes nicht erkennbar, so muss er nicht mit dem Anfahren abwarten, bis der Fahrgast sich festen Halt verschafft oder einen Sitzplatz eingenommen hat. Stürzt ein Fahrgast beim Anfahren eines Busses, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Fahrgastes. Dies hat das Oberlan­des­gericht Celle entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall stürzte eine ältere Frau im Dezember 2015 als Fahrgast eines Linienbusses beim Anfahren an der Haltstelle und verletzte sich dabei. Zum Sturz kam es, weil die Frau beim Anfahren in einer Hand ihr Portemonnaie hielt und mit der anderen Hand ihren Trolley festhielt. Dadurch konnte sie sich nirgendwo festhalten. Sie klagte schließlich gegen den Busfahrer auf Zahlung von Schadensersatz. Das Landgericht Lüneburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.

Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Sturzes

Das Oberlan­des­gericht Celle bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Klägerin zurück. Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe nicht, da dem Busfahrer keine Pflicht­ver­letzung anzulasten sei. Komme ein Fahrgast bei normaler Anfahrt von einer Haltestelle zu Fall, so spreche der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Fahrgastes. Die Klägerin hätte sich nach dem Einsteigen zuerst um einen sicheren Halt oder einen Sitzplatz kümmern müssen. Genügend freie Plätze haben zur Verfügung gestanden. Die Klägerin hätte sich auch an den Busfahrer wenden können, um diesen zu veranlassen mit dem Anfahren solange abzuwarten, bis sie selbst in zumutbarer Weise für ihre Standsicherheit oder einen Sitzplatz gesorgt hätte.

Keine Pflicht des Busfahrers zur Beobachtung der Fahrgäste

Der Fahrer eines Linienbusses sei nicht verpflichtet, so das Oberlan­des­gericht, seine Fahrgäste dahingehend zu beobachten, ob diese einen Sitzplatz eingenommen oder festen Halt genommen haben. Vielmehr sei jeder Fahrgast selbst verpflichtet, sich stets festen Halt zu suchen. Ein Busfahrer müsse darauf vertrauen dürfen, dass die Fahrgäste dieser Verpflichtung nachkommen. Denn der Busfahrer müsse beim Anfahren von einer Haltestelle seine Aufmerksamkeit insbesondere auf den vor ihm liegenden Verkehrsraum und die übrigen Verkehrs­teil­nehmer richten.

Ausnahme bei erkennbarer schwerer Behinderung des Fahrgastes

Eine Ausnahme bestehe dann, so das Oberlan­des­gericht weiter, wenn eine erkennbare schwere Behinderung des Fahrgastes erkennbar ist. Dies sei etwa dann gegeben, wenn ein Gehbehinderter oder ein blinder Fahrgast den Wagen besteige. Eine solche Ausnah­me­si­tuation habe aber nicht vorgelegen. Allein das Alter oder der Umstand, dass mehrere große und schwere Taschen oder Gepäck mitgeführt werden, sei nicht mit einer schwerwiegenden Behinderung gleichzusetzen.

Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)

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