18.10.2024
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Dokument-Nr. 14333

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Beschluss23.08.2012Oberlandesgericht Celle1 Ws 248/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JuS 2013, 179Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 179
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Oberlandesgericht Celle Beschluss23.08.2012

Spendensammler haben sich mit plakativen Mailings nicht strafbar gemachtOLG Celle: Spender wurden durch Spendewerbe­anschreiben für eine Krebsforschung nicht getäuscht

Bei den plakativen Spendewerbe­anschreiben (sog. Mailings) eines Spenden­un­ter­nehmens, die damit wirbt, eine sofortige Spende könne die Krebsforschung zeitnah fördern, handelt es sich nicht um einen Betrug nach § 263 StGB. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Celle.

In dem zugrunde liegenden Fall warben die drei Angeschuldigten mit ihren Unternehmen in einem Zeitraum von etwa sechs Jahren mehr als 12,5 Millionen Euro Spenden für die Krebsforschung ein. In plakativen Spenden­wer­be­an­schreiben (sog. Mailings) wurde behauptet, eine sofortige Spende könne die Krebsforschung zeitnah fördern. Von den Einnahmen flossen der Krebsforschung nach den Erkenntnissen der Staats­an­walt­schaft Hannover zwischen  % im ersten Jahr und mehr als 40 % im Januar 2010 zu. Mit den übrigen Einnahmen wurden weitere Werbeaktionen finanziert. Die Staats­an­walt­schaft ermittelte wegen des Verdachts des Betruges und veranlasste Durchsuchungen bei zwei der Angeschuldigten.

Spender wurden durch Mailing-Aktion nicht getäuscht

Die Staats­an­walt­schaft Hannover hatte vor dem Landgericht Hildesheim unter anderem Anklage wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs erhoben. Zu einer Verhandlung vor Gericht kam es dennoch nicht: die 5. große Wirtschaftss­traf­kammer lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Der wichtigste Aspekt der Entscheidung ist, dass die Angeschuldigten die Spender nicht getäuscht haben. Es handele sich bei den Angaben in den Schreiben um übertriebene Werbung, jedoch nicht um Tatsa­chen­be­haup­tungen. Es sei nicht der Eindruck erweckt worden, die Sammlung erfolge ohne Hilfe eines spezialisierten Unternehmens (sog. Fundraiser), und es seien keine Aussagen getroffen worden, wann und in welchem Umfang die Spenden an die Krebsforschung weitergeleitet würden. Die Angeschuldigten hätten auch nicht den Eindruck erweckt, ihre Unternehmen betrieben selbst Krebsforschung. Die Ermittlungen der Staats­an­walt­schaft haben zudem nicht ergeben, dass sich die Angeschuldigten an dem Spenden­auf­kommen persönlich bereichert haben und dass der Einsatz der professionellen Fundraiser-Unternehmen übertrieben teuer gewesen sein könnte.

Entschädigung für finanzielle Nachteile des Unternehmens während Durchsuchungen

Das Oberlan­des­gericht Celle bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der an die Angeschuldigten gerichtete Vorwurf, zu lange zu hohe Beträge in die Organisation der Spende­n­er­wirt­schaftung gesteckt zu haben, könne zwar steuer­rechtliche Auswirkungen haben und zum Entzug des Status „gemeinnützig" führen, strafwürdiges Unrecht sei aber erst dann gegeben, wenn die Anbindung einer größeren Zahl von Spendern dauerhaft durch weniger kostenintensive Maßnahmen hätte gewährleistet sein können. Dass die Angeschuldigten mit ihren Unternehmen bewusst überteuerte Strukturen aufrecht­er­halten haben, lasse sich indes nach dem Stand der Ermittlungen nicht beweisen. Die Angeschuldigten werden nun wegen der Durchsuchungen entschädigt, soweit die Durchsuchungen zu messbaren finanziellen Nachteilen geführt haben sollten.

Sinnvolle Verwendung von Spendengeldern müssen Spender selbst beurteilen

Den Grundsatz „Trau, schau, wem!" sollten die Bürger immer beherzigen, wenn sie ihr Geld in andere Hände geben. Das gilt für rentable Geldanlagen nicht weniger als für gemeinnützige Projekte. Im vorliegenden Fall hatten die Gerichte nur zu prüfen, ob ein strafbares Verhalten vorliegt. Die sinnvolle Verwendung von Spendengeldern müssen die Spender selbst beurteilen. Dabei helfen die Hinweise von Organisationen wie dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen oder dem Deutschen Spendenrat e. V. oder den Verbrau­cher­zen­tralen.

Entscheidung für eine Spende sollte gut durchdacht sein

Eine kritische Distanz ist also in keinem Fall fehl am Platze. Der Erfolg im Kampf gegen Krebs oder für den Schutz des Regenwalds hängt nicht davon ab, dass man in der Innenstadt oder wegen der bunten E-Mail einer unbekannten Organisation sofort eine Einzugs­er­mäch­tigung erteilt, erläutert der Pressesprecher des Oberlan­des­ge­richts Dr. Götz Wettich und rät, die Entscheidung für eine Spende in jedem Fall gründlich vorzubereiten.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online

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