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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil01.12.2015

Akustischen Vergrämungs­maß­nahmen zur Vertreibung von Saatkrähen aus Brutkolonie natur­schutz­rechtlich zulässigErhal­tungs­zustand lokaler Saatkrähen-Population wird durch Störmaßnahmen nicht verschlechtert

Das Nieder­säch­sische Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass die von einem Anwohner geplanten und in der Vergangenheit auch bereits durchgeführten akustischen Maßnahmen zur Vergrämung von Saatkrähen einer Brutkolonie natur­schutz­rechtlich zulässig sind bzw. gewesen sind.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die betreffende Saatkrä­hen­kolonie in der Stadt Achim, die sich am Rande eines innerstädtisch bewaldeten Gebiets befindet, ist eine der größten von insgesamt 18 Brutkolonien im Stadtgebiet mit einem Bestand von ca. 250 Brutpaaren. Wegen des durch die Saatkrähen verursachten Lärms und der Verschmutzung durch Vogelkot beantragte der Kläger, der in der Nähe der Kolonie wohnt, im Jahr 2008 bei dem Landkreis Verden die Erteilung einer Genehmigung zur Vergrämung der Saatkrähen, einer geschützten Vogelart. Diesen Antrag lehnte der Landkreis ab. Dagegen erhob der Kläger nach erfolgloser Durchführung eines Wider­spruchs­ver­fahrens beim Verwal­tungs­gericht Klage mit dem Begehren, die natur­schutz­rechtliche Zulässigkeit der beabsichtigten Vergrä­mungs­maß­nahmen festzustellen, hilfsweise den Landkreis zur Erteilung von Ausnahmen bzw. Befreiungen von natur­schutz­recht­lichen Verboten zu verpflichten. Im Frühjahr 2012 störte der Kläger die Saatkrähen der Brutkolonie durch die Verwendung von Krähenklappen und die Beschallung mit Greifvogelrufen, was zunächst zu einer Halbierung der Zahl der Brutpaare führte. Daraufhin untersagte ihm der Landkreis alle weiteren Störmaßnahmen. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger nach erfolgloser Durchführung eines Wider­spruchs­ver­fahrens ebenfalls Klage.

Verwal­tungs­gericht untersagt Vertreibung von Krähen durch gezielte Erzeugung von Lärm

Das Verwal­tungs­gericht Stade hatte beide Klagen durch Urteile vom 15. April 2014 mit der Begründung abgewiesen, dass die vom Kläger durchgeführten und beabsichtigten Vergrä­mungs­maß­nahmen nach § 44 des Bundes­na­tur­schutz­ge­setzes (BNatSchG) verboten seien. Dabei könne offen bleiben, ob die Vergrä­mungs­maß­nahmen eine Verschlech­terung des Erhal­tungs­zu­standes der lokalen Population der Saatkrähen zur Folge hätten und damit nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unzulässig seien. Durch die gezielte Erzeugung von Lärm würden die Saatkrähen nämlich gehindert, ihre Nester als Fortpflan­zungs­stätten zu nutzen. Darin liege eine nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verbotene Beschädigung der Fortpflan­zungs­stätten. Eine Ausnahme und Befreiung von diesem Verbot könne der Kläger nicht beanspruchen.

Eventueller Brutausfall wird durch erhöhte Bruttätigkeit in den Folgejahren ausgeglichen

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht auf die Berufungen des Klägers diese Urteile des Verwal­tungs­ge­richts geändert. Dabei stellte das Oberver­wal­tungs­gericht fest, dass die vom Kläger geplanten akustischen Vergrä­mungs­maß­nahmen natur­schutz­rechtlich zulässig sind, und hat die Verbots­ver­fügung des Landkreises aufgehoben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Vergrä­mungs­maß­nahmen den Verbot­s­tat­bestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG der erheblichen Störung der wildlebenden Tiere der europäischen Vogelarten während der Fortpflan­zungs­zeiten nicht erfüllten. Zwar würden die Saatkrähen durch die vom Kläger in der Zeit von Mitte Februar bis zum Beginn der Eiablage Anfang April geplanten Vergrä­mungs­maß­nahmen gestört und dadurch jedenfalls teilweise zum Verlassen ihrer Nester veranlasst. Diese Störung sei jedoch nicht erheblich im Sinne des Gesetzes, weil sich der Erhal­tungs­zustand der lokalen Population dadurch nicht verschlechtern würde. Es sei nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen zu erwarten, dass die vertriebenen Vögel in und um Achim Ausweich­quartiere finden und ein eventueller Brutausfall durch eine erhöhte Bruttätigkeit in den Folgejahren ausgeglichen würde.

Gericht verneint Verstoß gegen Verbot der Beschädigung der Fortpflan­zungs­stätten

Darüber hinaus stellte das Oberver­wal­tungs­gericht fest, dass die beabsichtigten Störmaßnahmen auch nicht gegen das Verbot der Beschädigung der Fortpflan­zungs­stätten der Saatkrähen nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verstoßen würden, da es an einer unmittelbaren Einwirkung auf die Fortpflan­zungs­stätten fehle und eine nur mittelbare Einwirkung durch Störmaßnahmen gegen die Vögel, die diese Stätten nutzen, entgegen der Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts nicht ausreichend sei.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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