21.11.2024
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Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein Urteil03.09.2012

Kosten der Schüler­be­för­derung: Gesetzgeber darf Kreisen die Erhebung einer Eigen­be­tei­ligung vorgebenGesetzgeber verfolgt mit Kostenregelung legitime fiska­l­po­li­tische Ziele der Haushalts­kon­so­li­dierung

Das Schleswig-Holsteinische Landes­ver­fas­sungs­gericht hat entschieden, dass die Kreise gesetzlich verpflichtet werden dürfen, die Eltern bzw. volljährigen Schülerinnen und Schüler an den Kosten der Schüler­be­för­derung zu beteiligen.

Das schleswig-holsteinische Schulgesetz bestimmt, dass die Kreise und die Träger der Schulen die notwendigen Kosten der Schülerbeförderung gemeinsam tragen. Welche Kosten als notwendig anerkannt werden, regeln die Kreise durch Satzung. In diesem Zusammenhang bestimmt der in der letzten Wahlperiode in Kraft gesetzte § 114 Absatz 2 Satz 3 Schulgesetz, dass die Kreise in dieser Satzung auch eine Beteiligung der Eltern bzw. der volljährigen Schülerinnen und Schüler an den Kosten der Schüler­be­för­derung vorsehen müssen (so genannte Eigen­be­tei­ligung). Während sich der Kreis Dithmarschen durch diese zwingende Vorgabe des Gesetzgebers in seinem Recht auf kommunale Selbst­ver­waltung verletzt sieht, lässt das Landes­ver­fas­sungs­gericht Schleswig-Holstein diese Vorschrift verfas­sungs­rechtlich unbeanstandet.

Finanzschwachen Kreisen steht es nicht zu, auf Erhebung kommunaler Abgaben zu verzichten und sich bedürftig zu machen

Dabei lässt das Gericht dahingestellt, ob die Vorgabe an die Kreise auch dann einen Eingriff in die von der Selbst­ver­wal­tungs­ga­rantie geschützte Satzungs- und Finanzhoheit darstellen kann, wenn ein Kreis nicht nur aufgrund der zwingenden Vorgabe des § 114 Absatz 2 Satz 3 Schulgesetz, sondern auch bei einer fakultativen Regelung verpflichtet wäre, die Beteiligung an den Schüler­be­för­de­rungs­kosten als Einnahmequelle auszuschöpfen, so dass es letztlich nicht darauf ankäme, ob die Eigen­be­tei­ligung zwingend oder nur fakultativ vorgegeben wäre. Eine solche anderweitige Pflicht leitet das Gericht aus den für Gemeinden und Kreise gleichermaßen geltenden Grundsätzen der wirtschaft­lichen und sparsamen Haushalts­führung ab. Demgemäß stehe es jedenfalls den finanzschwachen Kreisen nicht zu, auf die Erhebung kommunaler oder sonstiger Abgaben zu verzichten und sich auf diese Weise bedürftig zu machen mit der Folge, dass auftretende Finan­zie­rungs­lücken im Haushalt durch Steuern oder Kredite geschlossen werden müssten.

Eingriff in kommunale Satzungs- und Finanzhoheit verhältnismäßig und gerechtfertigt

Losgelöst von der Haushalts­si­tuation des Beschwerde führenden Kreises stellt das Gericht fest, dass die angegriffene Regelung nicht den Kernbereich, sondern nur einen Teilbereich der kommunalen Satzungs- und Finanzhoheit betrifft. Der damit einhergehende Eingriff sei vor der Landes­ver­fassung gerechtfertigt. Zum einen habe der Gesetzgeber damit legitime fiska­l­po­li­tische Ziele der Haushalts­kon­so­li­dierung verfolgt. Es sollten die bis dahin vom Land zum Ausgleich der anfallenden Schüler­be­för­de­rungs­kosten an die Kreise geleisteten Zahlungen eingestellt und damit die Ausgaben des Landes insgesamt reduziert werden. Zum anderen sollte der damit einhergehende Einnahmeverlust der Kreise durch Einführung einer obligatorischen Eigen­be­tei­ligung flächendeckend kompensiert werden, um die Finanzierung der Schüler­be­för­derung trotz Wegfalls der Landes­be­tei­ligung zu sichern, ohne dabei die Kreise zu schwächen. In Anbetracht des dem Kreis dennoch verbleibenden Entschei­dungs­spielraums hinsichtlich der Höhe der Eigen­be­tei­ligung und der Möglichkeit einer sozia­l­ver­träg­lichen Differenzierung sieht das Gericht den Eingriff auf jeden Fall als verhältnismäßig und damit als gerechtfertigt an.

Quelle: Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein/ra-online

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