18.10.2024
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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil01.08.2016

Radio­mo­de­ratoren mit eigenständiger Programm­ge­staltung sind selbständig beschäftigtTätigkeit der Moderatorin fehlt es an arbeitnehmer­typischer Weisungs­abhängigkeit

Das Landes­so­zi­al­gericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass eine Radio­mo­de­ratorin, die bei einem privaten Rundfunksender tätig ist und die Programm­ge­staltung eigen­ver­ant­wortlich vornimmt, selbständig beschäftigt ist. Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeits­losen­versicherung muss sie nicht zahlen, weil sie als Selbständige von der Versicherungs­pflicht befreit ist.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt einen privaten Rundfunksender. Im Jahr 2009 schloss sie mit der dem Verfahren beigeladenen Radiomoderatorin einen als "freien Mitar­bei­ter­vertrag" bezeichneten Vertrag. Diese sollte gemeinsam mit einem weiteren Moderator das Morgenprogramm des Senders moderieren. Die Inhalte wurden durch die Moderatoren eigen­ver­ant­wortlich bearbeitet. Durch den Sender wurden Themen unterbreitet, die sie in das Programm integrieren konnten, wozu sie aber nicht verpflichtet waren. Gezahlt wurde der Beigeladenen durch die Klägerin ein Tageshonorar, das auch alle Vor- und Nacharbeiten abdeckte. Neben der Tätigkeit für die Klägerin übte die Moderatorin verschiedene Sprecher- und weitere Modera­ti­o­ns­tä­tig­keiten aus. Im Jahr 2008 hatte die Künst­ler­so­zi­a­lkasse festgestellt, dass sie dem Personenkreis der selbständigen Künstler und Publizisten angehört. Im Jahr 2010 beantragte die Klägerin bei der hierfür zuständigen beklagten Deutschen Renten­ver­si­cherung Bund die Feststellung des sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­lichen Status der Beigeladenen. Diese stellte im Oktober 2010 fest, dass die Klägerin abhängig beschäftigt und damit sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtig sei.

LSG bejaht selbstständige Tätigkeit der Radio­mo­de­ratorin

Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde im Februar 2011 zurückgewiesen. Auf die daraufhin erhobene Klage hat das Sozialgericht Speyer den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Wider­spruchs­be­scheids durch Urteil vom Dezember 2013 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene nicht abhängig beschäftigt war und auch nicht der Sozialversicherungspflicht unterlag. Dies bestätigte das Landes­so­zi­al­gericht Rheinland-Pfalz und wies die Berufung der Deutschen Renten­ver­si­cherung Bund zurück. Dabei hat das Gericht dahinstehen lassen, ob bereits die Feststellung der Selbständigkeit durch die Künst­ler­so­zi­a­lkasse für die Renten­ver­si­cherung Sperr- bzw. Bindungswirkung gegenüber der Renten­ver­si­cherung entfaltet. Jedenfalls sei die Beigeladene aber nicht abhängig, sondern selbständig tätig gewesen. Die Beigeladene sei in den Betrieb der Klägerin nicht eingegliedert, die Klägerin habe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Inhalte der Sendung gehabt. Es fehle somit an der arbeit­neh­mer­ty­pischen Weisungs­ab­hän­gigkeit.

Moderation einer "Personality-Show" lässt auf selbstständige Tätigkeit schließen

Außerdem habe - wie das Sozialgericht zu Recht festgestellt habe - die Moderatorin unabhängig vom jeweiligen Zeitaufwand eine feste Bezahlung erhalten, Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall seien nicht vorgesehen gewesen. Schließlich entspreche die Einstufung als selbständige Tätigkeit auch der Abgrenzung des Bundes­a­r­beits­ge­richts und des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zu auf Dauer angelegten Tätigkeiten für einen bestimmten Fernsehsender. Für die Abgrenzung sei nicht die Abhängigkeit vom technischen Apparat des Senders oder die Eingliederung in ein Produktionsteam entscheidend, vielmehr liege eine abhängige Beschäftigung nur vor, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens im Sinne einer ständigen Dienst­be­reit­schaft über die Arbeitsleistung verfügen könne. Dies sei bei der Beigeladenen nicht der Fall gewesen; ebenso wenig hätte diese zu Vertretungen herangezogen werden können. Von besonderer Bedeutung sei für die Abgrenzung, dass es sich um eine sogenannte "Personality-Show" gehandelt habe, die von den Personen der Moderatoren lebe, die ihre Moderation selbst geschrieben und über die behandelten Themen eigenständig entschieden hätten.

Quelle: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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