18.10.2024
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Dokument-Nr. 32598

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Urteil30.08.2022Landessozialgericht Niedersachsen-BremenL 15 AS 106/20
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil30.08.2022

Bremer Unter­kunfts­kosten für Hartz-IV-Empfänger teilweise zu hochMethodik-Fehler führt zu überhöhten Werten

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Bewilligung der Kosten der Unterkunft in Bremen im Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 nicht auf einer Grundlage erfolgt ist, die den höchst­rich­ter­lichen Anforderungen an ein sog. schlüssiges Konzept zur Erhebung des Mietwoh­nungs­marktes genügt. Dies hat in Bremen teilweise zur Übernahme von tendenziell zu hohen Kosten geführt. Mit "Kosten der Unterkunft" sind jene Beträge gemeint, die Empfänger von sog. Hartz IV-Leistungen zur Sicherung ihrer Wohnbedarfe (zzgl. zu den Heizkosten) erhalten.

Geklagt hatte ein 1960 geborener, alleinstehender Mann, der seit dem Jahr 1989 in einer 88 m² großen 3,5-Zimmer-Wohnung in der Bremer Neustadt lebt. Für die Grundmiete und Nebenkosten überwies er monatlich ca. 610 Euro an die Vermieter. Nachdem in der Vergangenheit mehrfach erfolglose Gespräche zwischen dem Kläger und dem Jobcenter stattgefunden hatten, wie diese Kosten gesenkt werden könnten, bewilligte das Jobcenter ab Oktober 2017 für die Kosten der Unterkunft nur noch 523,25 Euro bzw. nach einer Erhöhung 542 Euro. Die ermittelten Beträge beruhten auf einem Richtwert für eine Mietobergrenze, der auf der Basis eines Fachgutachtens zum Mietwoh­nungsmarkt ermittelt wurde ("schlüssiges Konzept").

Fehler in der Methodik führt zu überhöhten Werten

Das Sozialgericht Bremen hat die Klage des Klägers auf höhere Leistungen abgewiesen. Das LSG hat dieses Urteil bestätigt und sich dabei intensiv mit dem "schlüssigen Konzept" in Bremen ausein­an­der­gesetzt. Das LSG kam zu dem Ergebnis, dass die in Bremen auf der Grundlage des Fachgutachtens angewandte Methodik u.a. aufgrund von für bestimmte Stadtteile - auch für die Bremer Neustadt - gewährten Zuschlägen nicht schlüssig ist und zu Werten führt, die tendenziell oberhalb der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten liegen. Dieser Fehler in der Methodik schlage auf die durch die Fortschreibung ermittelten Werte durch.

Nicht schlüssige Konzept wirkt sich bereits zugunsten des Klägers aus

Das nicht schlüssige Konzept wirke bereits zugunsten des Klägers und könne deshalb nicht zu noch höheren Leistungen führen. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts erstrecke sich der unmittelbar verfas­sungs­rechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrecht­er­haltung eines menschen­würdigen Daseins unbedingt erforderlich seien. Nicht dem Existenzminimum zuzuordnen seien hingegen weitere politische Ziele. Zu beachten sei in diesen Zusammenhang, dass eine den Mietpreis erhöhende Wirkung durch die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu vermeiden ist. Das LSG hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (pm/ab)

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