14.12.2024
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Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.

Dokument-Nr. 33484

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Urteil09.11.2023Landessozialgericht Berlin-BrandenburgL 21 U 85/21
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil09.11.2023

Angriff auf dem Weg zum Blutzu­cke­r­messgerät: Pflegeperson ist nicht unfall­ver­sichertPersönlich motivierter Angriff auf Betriebsweg stellt keinen Arbeitsunfall dar

Das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage befasst, ob eine (nicht erwerbsmäßig tätige) Pflegeperson unfall­ver­sichert ist, wenn sie beim Holen eines Blut­zuckermess­geräts für den Pflege­be­dürftigen Opfer eines Angriffs wird. Im konkreten Fall hat das LSG die Einstands­pflicht der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung verneint.

Der seinerzeit 28-jährige Kläger lebte zusammen mit seinem Lebensgefährten in einer gemeinsamen Wohnung in einem Mehrfa­mi­li­enhaus in Berlin. Der Lebensgefährte war pflegebedürftig (Pflegegrad 3), unter anderem aufgrund eines insulin­pflichtigen Diabetes mellitus. Der Kläger pflegte ihn. Im Mai 2018 gegen 01.15 Uhr verließ der Kläger die Wohnung. Im Hausflur wurde er nach einer kurzen verbalen Ausein­an­der­setzung von zwei Jugendlichen angegriffen. Hierbei erlitt er eine Fraktur des Jochbeins und des Oberkiefers sowie ein Schäde­l­hirn­trauma. Die Jugendlichen stammten aus einer betreuten Wohnge­mein­schaft, die sich im selben Haus befand. Sie wurden vom Amtsgericht Tiergarten (Strafgericht) der gefährlichen Körper­ver­letzung bzw. der Körper­ver­letzung schuldig gesprochen. Der Kläger wandte sich nach dem Vorfall an die Unfallkasse Berlin. Er gab an, er habe sich zum Zeitpunkt des Angriffs auf dem Weg zum Auto befunden, um dort das Blutzu­cke­r­messgerät für seinen Lebensgefährten zu holen. Die Unfallkasse Berlin lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Berlin blieb ohne Erfolg.

Verwirklichtes Risiko nicht erfasst

Auf die daraufhin vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landes­so­zi­al­gericht die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt. Er hat ausgeführt, dass das Ereignis keinen Arbeitsunfall darstelle. Der Kläger gehöre als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson zwar Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg, die kraft Gesetzes unfall­ver­sichert seien. Auch sei der Gang des Klägers aus der Wohnung zum Auto als „Betriebsweg“ der pflegerischen Tätigkeit zuzurechnen. Die Angabe des Klägers, er habe die Wohnung verlassen, um das Blutzu­cke­r­messgerät für seinen Lebensgefährten zu holen, könne insoweit als wahr unterstellt werden. Gleichwohl sei die gesetzliche Unfall­ver­si­cherung im vorliegenden Fall nicht einstands­pflichtig, da sich mit dem Angriff auf den Kläger kein Risiko verwirklicht habe, gegen dessen Eintritt der hier einschlägige Unfall­ver­si­che­rung­s­tat­bestand schützen solle. Insoweit sei zu beachten, dass nicht jeder körperliche Angriff auf einem Betriebsweg unter den Schutz der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung falle.

Zuvor bestehender persönlicher Konflikt als Ursache des Angriffs

Vielmehr sei der Versi­che­rungs­schutz ausgeschlossen, wenn der Angreifer aus persönlicher Feindschaft oder aufgrund von ähnlichen, aus privaten Beziehungen stammenden Beweggründen handle. So liege der Fall hier. Aus den polizeilichen und staats­an­walt­schaft­lichen Ermitt­lungsakten ergebe sich, dass der Kläger seine Wohnung (auch) verlassen habe, um die Jugendlichen zur Rede zu stellen, nachdem ihm deren „merkwürdiges Verhalten am Fahrstuhl“ aufgefallen sei. Bereits zuvor sei es zu erheblichen Konflikten zwischen dem Kläger bzw. seinem Lebensgefährten und den in der Wohnge­mein­schaft betreuten. Der Kläger sei nicht Opfer der Körper­ver­letzung geworden, weil er sich gerade auf dem Weg zum Auto (und damit zum Blutzu­cke­r­messgerät) befunden habe. Vielmehr sei wesentliche Ursache des Angriffs der vorbestehende persönliche Konflikt gewesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/ab)

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