18.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
18.01.2025  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.
ergänzende Informationen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil08.11.2016

Allein der Wohnungssuche dienende Eingliederungs­vereinbarung mit Arbeitslosem nicht zulässigEingliederungs­verwaltungs­akt des Jobcenters fehlt erforderlicher Arbeits­ma­rktbezug

Ein Eingliederungs­verwaltungs­akt muss einen deutlichen Bezug zum Arbeitsmarkt, d.h. zum Ziel der Eingliederung in das Arbeitsleben erkennen lassen. Dies ist nicht der Fall, wenn das Jobcenter einem SGB-II-Leistungs­emp­fänger ohne festen Wohnsitz als Eigenbemühung nur aufgibt, sich eine Wohnung zu suchen. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg. Außerdem müssen die Vorgaben an den Arbeitsuchenden hinreichend bestimmt sein.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 60jährige SGB-II-Leistungs­emp­fänger (Kläger) lebt im Bodenseeraum und ist seit einigen Jahren ohne festen Wohnsitz. Er nächtigt nach eigenen Angaben seit 2010 in einem Pritschenwagen. Hierfür muss das Jobcenter keine Unter­kunfts­kosten bezahlen, wie das Landes­so­zi­al­gericht im Mai 2016 entschied (vgl. Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg, Urteil v. 10.05.2016 - L 9 AS 5116/15 -).

Kläger verweigert Abschluss einer Einglie­de­rungs­ver­ein­barung mit dem Ziel der Wohnungssuche

Das Jobcenter wollte die Wohnungs­si­tuation ändern und verfolgte das Ziel, den Kläger wenigstens in einer Notunterkunft der Stadt Radolfzell unterzubringen. Der Kläger weigerte sich, mit dem Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel der Wohnungssuche abzuschließen. Hierauf erließ das Jobcenter einen sogenannten Einglie­de­rungs­ver­wal­tungsakt, in dem als Ziel "Wohnungs­si­tuation klären", als Unter­stüt­zungs­maßnahme durch das Jobcenter "Wir stellen Kontakt zur Stadt Radolfzell und [zu] Notunterkünfte[n] her" und als Verpflichtung des Klägers "Sie suchen aktiv nach einer Wohnung, dazu besorgen Sie sich einen Wohnbe­ra­tungs­schein beim Bürgerbüro Radolfzell, Stadt Radolfzell. Sie können Kontakt zu Herrn [...] bei der Stadt Radolfzell [...] hinsichtlich [einer] Notunterkunft aufnehmen. Die Kontaktdaten werden Ihnen ausgehändigt." genannt war.

Klage vor dem Sozialgericht erfolglos

Widerspruch und Klage des SGB-II-Empfängers waren erfolglos. Das Sozialgericht Konstanz folgte der Argumentation des Jobcenters, dass eine angemessene Wohnung Voraussetzung sei, um auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Mit der Herstellung eines Kontakts zur Stadt Radolfzell und zu Notunterkünften erbringe das Jobcenter ausreichende Leistungen. Es habe dem Kläger aufgeben dürfen, eine Wohnung zu suchen.

Einglie­de­rungs­ver­ein­barung ist nach gesetzlichen Vorgaben auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt gerichtet

Dies sah das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg anders und gaben dem Kläger Recht. Ein SGB-II-Empfänger kann in einem Einglie­de­rungs­ver­wal­tungsakt nicht ohne Weiteres zu Bemühungen zur Wohnungssuche verpflichtet werden, denn die Einglie­de­rungs­ver­ein­barung ist nach den gesetzlichen Vorgaben auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gerichtet. Selbst wenn die Vermitt­lung­s­chancen von Arbeitsuchenden mit festem Wohnsitz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt besser sein mögen als bei obdachlosen Menschen, fehlt vorliegend für die Verpflichtung zur Wohnungssuche das erforderliche unmittelbar arbeits­ma­rkt­be­zogene Moment. Je weiter sich das Jobcenter bei den festgelegten Eigenbemühungen vom Kernbereich der Arbeits­ein­glie­derung entfernt, desto mehr muss es das grundrechtlich geschützte Selbst­be­stim­mungsrecht des Leistungs­be­rech­tigten beachten. Außerdem hätte das Jobcenter dem Kläger klarer aufgeben müssen, was er zu tun hat, z.B. in welcher Häufigkeit er welche Bemühungen vornehmen und wie er diese nachweisen muss. Soll er sich bei Wohnungs­bau­ge­sell­schaften registrieren? Soll er zu Privatanbietern Kontakt aufnehmen? Soll er eigene Inserate aufgeben? Wer bezahlt diese ggf.? Unklar ist auch, ob und wie und in welcher Häufigkeit der Kläger seine Bemühungen nachweisen bzw. dokumentieren soll. Auch aus diesem Grund war der Einglie­de­rungs­ver­wal­tungsakt rechtswidrig.

Sozial­ge­setzbuch II (Hartz IV)

§ 15 SGB II (Einglie­de­rungs­ver­ein­barung

(1) Die Agentur für Arbeit soll unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungs­be­rech­tigten Person die für die Eingliederung erforderlichen persönlichen Merkmale, berufliche Fähigkeiten und die Eignung feststellen (Poten­zi­a­l­a­nalyse). Die Feststellungen erstrecken sich auch darauf, ob und durch welche Umstände die berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert sein wird.

(2) Die Agentur für Arbeit soll im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungs­be­rech­tigten Person unter Berück­sich­tigung der Feststellungen nach Absatz 1 die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Einglie­de­rungs­ver­ein­barung). In der Einglie­de­rungs­ver­ein­barung soll bestimmt werden,

1. welche Leistungen zur Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit nach diesem Abschnitt die leistungs­be­rechtigte Person erhält,

2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungs­be­rechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen sollen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind,

3. wie Leistungen anderer Leistungsträger in den Einglie­de­rungs­prozess einbezogen werden.

Die Einglie­de­rungs­ver­ein­barung kann insbesondere bestimmen, in welche Tätigkeiten oder Tätig­keits­be­reiche die leistungs­be­rechtigte Person vermittelt werden soll.

(3) [...] Soweit eine Vereinbarung nach Absatz 2 nicht zustande kommt, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil23498

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI